Q3/2018 - UN High Level Panel on Digital Cooperation

New York, 24. - 25. September 2018

Am 12. Juli 2018 gab UN Generalskretär Antonio Guterres in New York die Bildung eines UN High Level Panel on Digital Cooperation bekannt. Das Panel hat ein sehr breites Mandat. Es soll Bewusstsein schaffen für die fundamentalen Transformationen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die mit der digitalen Revolution einhergehen und Vorschläge machen, wie eine sichere und inklusive digitale Zukunft für alle erreicht werden kann, wobei der Beachtung der Menschenrechte und dem Beitrag zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der UN (SDGs) bis 2030 besondere Bedeutung geschenkt wird.

Das Panel soll bis zum Mai 2019 dem UN-Generalsekretär Empfehlungen geben für eine Weiterentwicklung der „digitalen Zusammenarbeit“. Es soll keine Vorschläge für neue Institutionen oder Konventionen unterbreiten, sondern sich auf bestehende Mechanismen stützen und dabei eng kooperieren mit ähnlichen Initiativen und Kommissionen. Guterres verwies auf die Tatsache, dass sich viele Kommissionen, Konferenzen und Foren – wie das IGF – mit dem Thema beschäftigen. „This signifies that the timing is ripe for the digital policy ecosystem to evolve to the next level of maturity. The work of all these initiatives can and should be mutually reinforcing. Wherever possible, this Panel will work with other initiatives and seek to identify synergies and complementarities."

Vorausgegangen waren Konsultationen über die Rolle, die die Vereinten Nationen bei der weiteren Diskussion zu Internet Governance, Cybersicherheit und der digitalen Wirtschaft spielen sollen. Eine Reihe von UN-Mitgliedstaaten drängen auf eine führende Rolle der UN bei der zukünftigen Diskussion von Internet-Themen. Andere Staaten lehnen eine solche Rolle ab und befürchten staatliche Kontrolle, wenn zwischenstaatliche Organisationen Aufsichtsfunktionen über das Internet erhalten. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2018 hatte Guterres eine „Kontrollfunktion“ der UNO für das Internert abgelehnt, aber angeboten, die Autorität der UN zu nutzen, um als eine Art „Vermittler“ staatliche und nicht-staatliche Stakeholdergruppen in einen Dialog zu bringen. Das von Guterres berufene UN-Panel entspricht weitgehend diesen Kriterien. Es ist nach dem Multistakeholder-Prinzip zusammengetzt, hat ein sehr breites Mandat und ist nicht den eher starren Prozedurregeln der Vereinten Nationen unterworfen.

Die Zusammensetzung des Panels wird als nicht ganz unproblematisch gesehen. Zwar wird begrüßt, dass als Co-Chairs keine Regierungsvertreter benannt wurden, die Berufung einer amerikanischen Frau – Melinda Gates von der Microsoft Stiftung – und eines chinesischen Mannes – Jack Ma von AliBaba – ist zwar gender-neutral, wird jedoch auch als zu big-business-freundlich gesehen, noch zumal sowohl Microsoft mit dem Cybersecurity Tech Accord (CTA) als auch AliBaba mit der eWorld Trade Platform (eWTP), eigene Projekte im globalen Internet-Governance-Ecosystem vorantreiben.

  • Als Schwergewichte im Panel gelten sicher Vint Cerf, Chief Internet Evangelist von Google und Vater des Internet, Fadi Chehade, ehemaliger ICANN CEO und einer der Motoren hinter der Idee, das Panel zu etablieren, Doris Leuthard, ehemalige Präsidentin der Schweiz und Gastgeberin des 12. IGF in Genf (2017), Marina Kaljurand, Vorsitzende der Global Commission on Stability in Cyberspace (HCSC) und ehemalige Außenministerin Estlands und Jean Tirole, Nobelpreisträger und Direktor der Toulouse School of Economics. Als Regierungsverteter sind drei amtierende Minister aus Norwegen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Botswana vertreten. Russland ist durch eine Unternehmerin, die dem Netzwerk „Young Business Leaders“ des Davoser Weltwirtschaftsforum angehört, vertreten. Für die Zivilgesellschaft sitzt Dhananjayan Sriskandarajah (Australien), Generalsekretär von CIVICUS im Panel.
     
  • Das Panel hat zwei Sekretariate in New York und Genf, deren Direktoren ex-offico Mitglied des Panels sind. Das New Yorker Sekretariat leitet der indischen Botschafter Amandeep Singh Gill, der auch Chair der Group of Governmental Experts of Lethal Automous Weapon Systems (LAWS) ist. Direktor des Genfer Sekretariats ist Jovan Kurbalija, Vorsitzender der Diplo Foundation und Koordinator der Geneva Internet Platform. Er wird u.a. von Chengetai Masango unterstützt. Masango war Executive Director des IGF-Sekretariats und wurde für den Zeitraum bis Mai 2019 vom IGF-Sekretariat beurlaubt.

Nach einer Telefonkonferenz Ende August 2018 fand die erste Sitzung des Panels am 24. und 25. September 2018 in New York statt. Die zweitägige Zusammenkunft beschäftigte sich vorrangig mit den Schwerpunkten des zukünftigen Schlussberichtes, prozeduralen Fragen wie dem Arbeitsplan und  Versuchen, den Schlüsselbegriff „Digitale Kooperation“ präziser einzugrenzen, auch vor dem Hintergrund, dass im Januar 2018 der sich über vier Jahre hinziehende Versuch, den in der WSIS Tunis Agenda von 2005 verwendeten Begriff der „enhanced cooperation in Internet Governance“ zu substantiieren, gescheitert war. Verwunderung rief bei einigen Panel-Mitgliedern die Tatsache hervor, dass die beiden Co-Chairs Melinda Gates und Jack Ma nach dem ersten Sitzungstag und dem privaten Treffen mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres sich am zweiten Tag durch ihre Mitarbeiter vertreten ließen.

Die Hauptarbeit der Kommission wird über die beiden Sekretariate in Genf und New York erledigt werden. Die Sekretariate planen eine Serie von Townhall-Meetings, Konsultationen und Workshops, in der Regel back-to-back mit bereits terminierten Internet-Konferenzen, wie z.B. dem Paris Peace Forum, dem 13. IGF in Paris, dem Web-Summit in Lissabon und anderen Meetings. Das UN-Panel wird mehrere Telefonkonferenzen abhalten und Ende Januar 2019 zu einem zweiten und abschließenden Treffen in Genf zusammenkommen. Nach dem Genfer Treffen soll der Abschlussbericht mit Empfehlungen erarbeitet und im Mai 2019 der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgestellt werden.

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