Das Internet entwickelte sich in den 1970er und 1980er Jahren als ein weitgehend durch technische Protokolle, Standards and Code selbstreguliertes Netzwerk von Netzwerken (Code and other Laws of Cyberspace, Lawrence Lessig, 1998).
Das Internet existiert zwar nicht in einem rechtsfreien Raum, es blieb aber bis in die jüngste Zeit weitgehend von spezifischen staatlichen Regulierungen unberührt.
We reject kings, presidents and voting; we believe in rough consensus and running code.David Clark, IETF, 1992
Der Begriff "Internet Governance" wurde in den 1990er Jahren vom "Harvard Information Infrastructure Projekt" (HIIP) geprägt. Er sollte verdeutlichen, dass das Internet primär von privaten Akteuren aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und der technischen Community gestaltet wird (Selbst-Regulierung) und keiner staatlichen Regulierung bedarf (Governance without Government).
Im Rahmen des UN-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (2002 – 2005) entstand eine politische Kontroverse – insbesondere zwischen den Regierungen der USA und China – ob das Internet primär von der Privatwirtschaft (private sector leadership) oder von der Regierung (governmental control) gestaltet werden sollte. Kontrovers war auch das Verständnis von "Internet Governance". Eine Gruppe verstand darunter primär das technische Management der kritischen Internet Ressourcen wie Domainnamen, IP-Adressen und Internet- Protokolle (ICANN-Themen). Andere hatten ein breites Verständnis von Internet Governance und schlossen alle mit der Nutzung des Internet verbundenen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Probleme ein. Die vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Arbeitsgruppe (Working Group on Internet Governance WGIG) wies im Jahr 2005 das Konzept eines einseitigen, von der Wirtschaft oder der Regierung kontrollierten Internet zurück und führte das Multistakeholder-Prinzip als Grundlage für Internet Governance ein.
Die von der WGIG vorgeschlagene Definition geht davon aus, dass alle Stakeholder (Regierung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und die akademisch-technische Community) in ihren jeweiligen Rollen und Verantwortlichkeiten (respective roles) gleichberechtigt an der Entwicklung, Entscheidung und Durchsetzung von Internetpolitiken beteiligt sein sollten (shared principles, norms, rules and decision making procedures). Die WGIG entschied sich für eine breite Internet-Governance-Definition. Sie umfasst sowohl das Management und die weitere Entwicklung (evolution) der technischen Ressourcen des Internets (Governance OF the Internet) als auch die politischen Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung (use) des Internets (Governance ON the Internet). Die WGIG-Definition wurde wortwörtlich in Paragraph 34 der Tunis Agenda übernommen und von den Staats- und Regierungschefs der 193 UN-Mitgliedsstaaten bestätigt.
Zehn Jahre später, im Dezember 2015 bei der WSIS+10 Überprüfungskonferenz im Rahmen der 70. UN-Vollversammlung, erneuerten die Regierungen der UN-Mitglieder ihr Bekenntnis zu dieser WGIG-Definition. Die allgemeinen Prinzipien für Internet Governance wurden von der globalen NETmundial Konferenz im April 2014 präzisiert.
Die "São-Paulo-Deklaration über grundlegende Prinzipien von Internet Governance" definiert acht Prinzipien als generelle politische Grundlage für Internet Governance. Die São-Paulo-Deklaration wurde von mehr als 100 Regierungen, den großen weltweit agierenden privaten Internet-Unternehmen, breiten Teilen der Zivilgesellschaft und der gesamten technischen Community in einem Bottom-Up-Prozess erarbeitet und gemeinschaftlich verabschiedet.