Monatsbericht 02/2023 - Zusammenfassung

Volume 2, Februar 2023, Nummer 2

Am 23. Februar 2023 endete in Paris die UNESCO-Konferenz „Internet for Trust“. 4.500 Experten diskutierten die Regulierung von Internet-Plattformen. Keynote-Speaker waren UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay, Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, die auch Ko-Vorsitzende des IGF Leadership Panels ist. Die „Guidelines for Regulating Digital Platforms“ sollen bei der 41. UNESCO-Generalkonferenz im Herbst 2023 verabschiedet werden. Ziel des Richtlinienentwurfs ist es, Desinformation und Hassrede im Internet zurückzudrängen. Das vorgeschlagene Regelwerk basiert auf fünf Prinzipien: Platforms 1. respect human rights in content moderation and curation, 2. are transparent, 3. empower users, 4. are accountable to relevant stakeholders and 5. conduct human rights due diligence. Definiert werden Rolle und Verantwortlichkeiten von Regierungen, Plattformbetreibern, Zivilgesellschaft und technische Community. Bis zum 8. März 2023 wird um weitere Kommentare gebeten. [1]  


Cybersicherheit war ein Top-Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) vom 17. – 19. Februar 2023. Googles Threat Analysis Group (TAG) präsentierte eine Studie „Fog of War: How the Ukraine Conflict Transforms the Cyber Threat Landscape“ und argumentierte, dass Cyberoperationen zum Bestandteil moderner Kriegführung geworden sind. Primär gehe es um eine Mixtur von illegalem Eindringen in fremde Netzwerke und Desinformationskampagnen. Zunehmend verschwänden dabei Grenzen zwischen staatlich gesponsorten Attacken und Aktivitäten krimineller Banden. Erpressungssoftware (Ransomware) würde in geopolitische Konflikte hineingezogen. Russland verfolge mit privaten Proxys wie Sandworm, APT28 und Snake strategische Ziele. [2]


Am 28. Februar 2023 veröffentlichte die NGO „Access Now“ ihren Jahresbericht über Angriffe auf die Internetfreiheit: „Weapons of control, shields of impunity: Internet shutdowns in 2022“. Der Bericht konstatiert einen neuen Rekord mit 187 Internet-Shutdowns in 35 Ländern. Die Natur der Internet-Shutdowns ändere sich. Regierungen würden das Internet nicht mehr völlig lahmlegen (und damit konterproduktive wirtschaftliche Schäden in Kauf nehmen), sondern zielgerichtet Shutdowns gegen bestimmte Nutzergruppen oder in politisch brisanten Zeitenräumen (im Vorfeld von Wahlen) einsetzen. Die von Access Now organisierte „#KeepItOn“-Koalition hat über 300 institutionelle Mitglieder in 106 Ländern. [3]


Der neue US-Cyberbotschafter Nathaniel Fick hat bei einer Veranstaltung des German Marshal Fund (GMF) am 2. Februar 2023 in Washington die Eckpunkte der internationalen Cyberstrategie der Biden-Administration umrissen. Fick setzte sich für eine neue “Techno-Industrial Alliance” gleichgesinnter demokratischer Staaten sowie führenden Staaten des globalen Südens ein, um mit einer robusten Cyberdiplomatie der wachsenden „weaponization of cyberspace, digital authoritarianism and tech protectionism“ entgegenzutreten. [4]


EU-Kommissar Thierry Breton hat am 27. Februar 2023 in Barcelona zum Konflikt zwischen EU-Telcos und US-Plattformen (Big Telco vs. Big Tech) Stellung bezogen. Die EU plant Regulierungen, um US-Plattformen an der Finanzierung europäischer Infrastrukturen (5G & 6G) zu beteiligen (Sender Pays). Die Internet-Community sieht das kritisch und befürchtet negative Konsequenzen für Netzwerkneutralität und Innovation. Breton sprach vom Beginn einer neuen technischen Revolution (Web 4.0) und einer Konvergenz von realer und virtueller Welt. Europa müsse eine führende Rolle spielen. Am Aufbau der notwendigen Netze müssen sich alle beteiligen (fair share). Man erlebe einen „Schumpeterschen Moment“ (constructive destruction). Die europäischen Telcos seien auf einen guten Weg. „In a nutshell, we are seeing telco operators turning their business from being mere connectivity providers to becoming network-as-a-service providers or even innovative software providers“. Es gehe um die „highways of the future“, nicht um Besitzstandswahrung. [5]


Am 24. Februar fand in San José/Costa Rica eine Multistakeholder-Konferenz zu den sozialen und humanitären Aspekten von Internet-gestützten autonomen Waffensystemen statt, an der 30 Länder teilnahmen. In einem Kommuniqué wird das Verbot vollautonomer und eine Regulierung teilautonomer Waffen gefordert. Organisator war die Plattform „Stop Killer Robots“, der 160 NGOs angehören.

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