Q1/2020 - Freedom Online Coalition (FOC)
Joint Statements, Accra, 5. - 6. Februar 2020
Die Freedom Online Coalition (FOC) nahm bei ihrer 2020er Jahrestagung in Accra/Ghana zwei Dokumente (Joint Statements) zu den Themen Cybersicherheit und Menschenrechte (Human Rights Impact of Cybersecurity Laws, Practices and Policies) sowie Digitale Inklusion (Digital Inclusion) an. Die deutsche Bundesregierung hat als Mitglied der FOC und des UN-Menschenrechtsrates die beiden Dokumente in der Sitzung des UN-Menschenrechtsrates am 5. März 2020 in Genf vorgestellt[1].
Das „Joint Statement on Human Rights Impact of Cybersecurity Laws, Practices and Policies“ bekräftigt den in der „FOC Tallinn Agenda“ (2015) enthaltenen Grundsatz, dass Cybersicherheit und Menschenrechte nicht Gegensätze sind sondern zwei Seiten einer Medaille sind (cybersecurity and human rights are complementary, mutually reinforcing, and interdependent). Cybersicherheit sei zwar eine primäre Aufgabe der Regierungen, um sie zu gewährleisten bedürfe es jedoch des umfassenden Engagements aller Stakeholder (Promoting stability of cyberspace is not the responsibility of States alone). Das Joint Statement äußert jedoch Besorgnisse, dass immer mehr Staaten notwendige Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit zum Vorwand nähmen, um Menschenrechte einzuschränken. Das beträfe insbesondere Zensur und Überwachung mittels biometrischer Technologie[2]. Kritisiert wurden Unternehmen, die Technologie anbieten, die zur Einschränkung von Menschenrechten genutzt würden. Die FOC schlägt insgesamt elf Maßnahmen vor, die Regierungen und Stakeholder umsetzen sollten[3].
Das „Joint Statement on Digital Inclusion“ beklagt die andauernde digitale Spaltung, die die bestehenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten in der Welt verstärken würden. Zwar gäbe es ein gewachsenes Bewusstsein für die Bedeutung der digitalen Inklusion – verwiesen wird auf das High Level Panel der UNO, die Broadband Commission und das IGF – die praktischen Fortschritte würden aber den theoretischen Einsichten hinterherhinken. Notwendig seien Aktivitäten sowohl auf der Angebotsseite (Supply Side Factors) wie Investitionen in Infrastruktur, Spektrum, Bandbreiten und Endgeräte als auch auf der Nachfrageseite (Demand Side Factors) wie Kosten für Daten und Endgeräte, Digitalsteuer, Ausbildung (Digital Literacy), Online-Angebote von Inhalten in lokalen Sprachen, Zensur, Überwachung, Diskriminierung gegenüber Frauen und Mädchen etc. Die in Entwicklungsländern anfallenden Daten, insbesondere im öffentlichen Bereich, blieben von der lokalen Wirtschaft noch weitgehend ungenutzt. Notwendig seien lokale Multistakeholder-Aktivitäten. Zugang zum Internet sei eine wichtige, aber nicht hinreichende Bedingung. Es gehe auch um die Vermittlung von Fähigkeiten, die Möglichkeiten des Internet sowohl sozial, kulturell und wirtschaftlich nutzen und gestalten zu können. Dabei müssten die Arbeitnehmerrechte in der „Gig Economy“ geschützt werden. Das Statement schlägt neun konkrete Aktivitäten vor[4].
Die FOC war 2011 von der holländischen Regierung initiiert worden als Multistakeholder-Plattform zur Förderung der Menschenrechte im Cyberspace. Der FOC gehören heute 31 Regierungen an. Ursprünglich fanden FOC-Tagung jährlich mit einer wechselnden Präsidentschaft (Chair) statt. 2016 wechselte man in einen Zwei-Jahres-Rhythmus. 2018 war Deutschland FOC-Chair. Ghanas Präsidentschaft ist mit der Accra-Konferenz beendet. 2021 übernimmt Finnland die Rolle des FOC-Chairs. Der FOC-Chair wird von einem „Advisory Network“ (FOC-AN) beraten, dem 24 Mitglieder angehören. Aktuelle Co-Chairs des FOC-Advisory Networks sind Mallory Knodel von der Menschenrechtsorganisation „Artikel 19“ und Bernard Shen von Mircosoft. Im Januar 2020 wurde ein „Call for Applications“ veröffentlicht, um vier nach dem Rotationsprinzip ausscheidende FOC-AN-Mitglieder zu ersetzen[5].