Q1/2021 - Europarat
Expertentagung zur Künstlichen Intelligenz in Berlin, 20. Januar 2021
Am 20. Januar 2021 fand eine hochrangige Expertentagung des Europarates zu der vom Ad-Hoc-Komitee für künstliche Intelligenz (CAHAI) vorgelegten Machbarkeitsstudie zur Ausarbeitung eines Rechtsinstruments statt. Veranstalter war das deutsche Außenministerium. Die Bundesrepublik Deutschland präsidiert im Jahr 2021 das Ministerkomitee des Europarates. Keynote-Speaker waren u. a. der deutsche Außenminister Heiko Maas, Rik Daems, Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, und Dunja Mijatović, die Menschenrechtskommissarin des Europarates.
- In seiner Eröffnungsrede wies Außenminister Heiko Maas auf die Janusköpfigkeit künstlicher Intelligenz hin. Je mehr man sich künstlicher Intelligenz (KI) bediene, desto bewusster müsse man sich sowohl mit den Chancen als auch den Risiken auseinandersetzen. KI-basierte Technologien wie Gesichtserkennung hätten ein großes Missbrauchs- und Diskriminierungspotenzial. Maas sprach sich für „human centered standards for artificial intelligence“ aus. Künstliche Intelligenz würde zunehmend auch hineingezogen in die geo-politischen Auseinandersetzungen. Maas warnte vor einem bipolaren Konflikt zwischen einem staatlich kontrollierten Internet in China und einem marktkontrollierten Internet aus dem Silicon Valley. Er setzte sich für einen auf Rechtsstaatlichkeit basierenden europäischen Weg ein. Europäer hätten kein Interesse an einer „digital bipolarity“. Im Kern gehe es darum, dass das Internet und künstliche Intelligenz Demokratie stärke und nicht unterminiere. Europa müsse daher stärker sein eigenes Potenzial zur Geltung bringen[1].
- Im Abschlussdokument der Konferenz wird auf die Notwendigkeit, Widersprüchlichkeit und Komplexität einer Regulierung von künstlicher Intelligenz hingewiesen. Als besondere Risiken benannt werden u. a. die Entwicklung einer Überwachungsgesellschaft (Surveillance Society), der Verlust individueller Autonomie, Desinformationskampagnen, die Verzerrung demokratischer Prozesse, insbesondere bei Wahlen, sowie verschiedene Formen von Diskriminierung. Die Schlusserklärung konstatiert „Lücken“ in der existierenden Rechtsordnung und setzt sich für die Ausarbeitung eines verbindlichen Rechtsrahmens für die Entwicklung und Anwendung künstlicher Intelligenz ein (Binding Horizontal Legal Framework). Dieses Rahmenabkommen solle ergänzt werden durch sektor-spezifische Rechtsinstrumente. Notwendig seien transparente Verfahren und Umsetzungsmechanismen. Vor der Einführung neuer Anwendungen müssten Technologiefolgenabschätzungen stattfinden. Sollten Analysen zu dem Ergebnis kommen, dass die jeweilige Anwendung mit Risiken für Menschenrechte, Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit verbunden ist, sei es durchaus richtig, auch Verbote oder ein Moratorium in Betracht zu ziehen. Das Ad- Hoc-Komitee für Künstliche Intelligenz (CAHAI) des Europarates wurde aufgefordert, auf der Basis der Machbarkeitsstudie vom Dezember 2020 seine Arbeit zu intensivieren und dabei mit anderen Organisationen, insbesondere mit der Europäischen Union, zusammenzuarbeiten[2].
4. Sitzung des Ad-Hoc-Komitees für Künstliche Intelligenz (CAHAI), 26. Februar 2021
Am 26. Februar 2021 fand die 4. Sitzung des Ad-Hoc-Komitees für Künstliche Intelligenz (CAHAI) statt. Das Komitee diskutierte den Stand der Multistakeholder-Konsultationen zu der im Dezember 2020 vorgelegten Machbarkeitsstudie und nahm den Bericht von der Berliner Expertenkonferenz entgegen. Diskutiert wurden die Berichte der beiden Untergruppen des CAHAI: der Policy Development Group (CAHAI-PDG) und der Legal Framework Group (CAHAI-LFG). Im Zentrum stand dabei die Frage, ob ein zukünftiges Rechtsinstrument die Form einer rechtsverbindlichen Konvention oder mehr unverbindlichen Empfehlungen haben sollte. Die 5. Sitzung der CAHAI-Plenargruppe ist für den 5. bis 7. Juli 2021 vorgesehen[3].