Q1/2021 - International Telecommunication Union (ITU)
ITU Council Working Groups, 27. – 29. Januar 2021
Ende Januar 2021 fand die reguläre Serie von Sitzungen der Arbeitsgruppen des ITU-Rates (ITU-CWGs) in Form von virtuellen Meetings statt. Für „Internet Governance“ waren dabei die 36. Sitzung der Arbeitsgruppe zu WSIS und den nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO (CWG-WSIS&SDG) und die 15. Sitzung der Arbeitsgruppe zu internationalen Themen mit Internet-Bezug (CWG-Internet) von Bedeutung.
Die CWG-WSIS&SDG tagte am 28. und 29. Januar 2021[1]. Sie beschäftigte sich mit der Vorbereitung des jährlichen ITU WSIS-Forums, der Umsetzung der WSIS-Beschlüsse und der UN „Roadmap for Digital Cooperation“. Vorsitzender der CWG-WSIS&SDG ist der russische Professor Vladimir Minkin.
- Das WSIS Forum 2021 ist als ein virtuelles Meeting für die Zeit vom 17. bis 21. Mai 2021 geplant. Das Forum steht unter dem Slogan „ICTs for Inclusive, Resilient and Sustainable Societies and Economies“. Zum Vorsitzenden des WSIS-Forums wurde Maxim Parshin, stellvertretender Minister des russischen Digitalministeriums, gewählt. Angestrebt wird, die Zahl von 15.000 Registrierungen aus dem Vorjahr zu überbieten. Ein Höhepunkt des Forums wird die Verleihung der jährlichen „WSIS-Preise“ sein.
- Bei der Umsetzung der WSIS-Beschlüsse forderte der stellvertretende ITU-Generalsekretär Malcom Johnson eine enge Verzahnung mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO (SDGs). Johnson erhielt Unterstützung von der Direktorin des Entwicklungssektors der ITU (ITU-D), der US-Amerikanerin Doreen Bogdan-Martin, die über die Vorbereitung der „World Telecommunication Development Conference“ (WTDC), geplant für den Herbst 2021 in Addis Abeba, berichtete. Die ITU, die für die WSIS-Aktionslinien C2, C5 und C6 des Genfer WSIS-Aktionsplans vom Dezember 2003 zuständig ist, will den 20. Jahrestag der Verabschiedung dieses Planes mit gesonderten Panels im Rahmen des WSIS-Forums 2024 würdigen. Dies soll in enger Abstimmung mit anderen in der „UN Group on the Information Society“ (UNGIS) vertretenen UN-Organisationen erfolgen.
- Diskutiert wurde auch, wie sich die ITU in die Umsetzung des von UN-Generalsekretär António Guterres vorgelegten „Roadmap for Digital Cooperation“ einbringen kann. Die ITU sieht hier insbesondere bei Themen wie Zugang zum Internet und Überwindung der digitalen Spaltung Möglichkeiten der Mitwirkung. Diskutiert wurde auch der Beitrag der ITU für das UN High-level Political Forum on Sustainable Development im Juli 2021 in New York[2].
Die CWG-Internet tagte am 27. und 28. Januar 2021[3]. Sie beschäftigte sich mit der Umsetzung der ITU-Resolutionen 101, 102, 133, 180 und 206, die sich u. a. auf die Rolle der ITU beim Management kritischer Internetressourcen, einschließlich Domainnamen und IP-Adressen, beziehen. Der Sitzung lag ein umfangreicher Bericht von ITU-Generalsekretär Houlin Zhao vor. Der Bericht informiert vor allem über relevante Aktivitäten in den ITU Study Groups zu Themen wie Internet der Dinge, Smart Cities, Netzwerksicherheit, künstliche Intelligenz, ENUM, OTT, IPv6 und andere. Die CWG-Internet, an der nur Regierungen teilnehmen können, nahm auch den Bericht über die 2020er „Multistakeholder Open Consultation“ entgegen. Diese „Open Consultations“ waren vor Jahren als ein Kompromiss vereinbart worden, um nicht-staatlichen Stakeholdern Möglichkeiten zu geben, sich zu Themen der CWG-Internet zu äußern. Das Fokusthema der jeweiligen „Open Consultation“ wird jedes Jahr neu festgelegt. 2020 war das Thema „Expanding Internet Connectivity“. Vorsitzender der CWG-Internet ist Botschafter Majed Al-Mazyed aus Saudi-Arabien.
- Die CWG-Internet fasste keine Beschlüsse. Bis September 2021 soll die nächste Runde der Multistakeholder Open Consultations durchgeführt werden. Als Thema wurde vereinbart: „The Role of the Internet and International Internet related Public Policy in Mitigating the Impact of Covid-19 and possible future Pandemics.“
- Abgewiesen wurde ein Vorschlag Russlands, die übernächsten „Open Consultations” zum Thema “The current status of the global governance system for management and development Internet resource, including Internet domain names and addresses and critical Internet infrastructure and possible ways to overcome the challenges associated with dependence on the decisions of one national administration for further building an independent, democratic and equidistant from all states Internet governance system” durchzuführen. In der Begründung für das Thema bezieht sich Russland indirekt darauf, dass der gegenwärtige Mechanismus mit ICANN als Steward des DNS für Russland nicht zufriedenstellend ist. Russland bezieht sich dabei auf die ITU Council Resolution 1305 zur Rolle der sogenannten „Dedicated Group in Identifying Internet-related Public Policy Issues“ aus dem Jahr 2009[4]. In der ITU Council Resolution 1305 wurde die „Dedicated Group“ u. a. aufgefordert zu überprüfen, inwieweit die ITU Zuständigkeit für Domainnamen und IP-Adressen hat. Die „Dedicated Group“ ist bislang nicht zusammengetreten und hat auch keine Berichte geliefert.
ITU-T Study Groups, 1. – 13. März 2021
Der 2019 vom chinesischen Ministerium für Industrie und Informationstechnologie sowie von Huawei bei der ITU Focus Group Network 2030 eingereichte Vorschlag zur Ausarbeitung eines neuen Internet-Protokolls (New IP) für den Zeitraum nach 2030 hatte für erhebliche politische Diskussionen gesorgt. Die ITU Focus Group hatte nach einer Diskussion das Thema an die ITU-T Study Group 13 weitergeleitet. ITU Study Groups erarbeiten konsensbasierte Empfehlungen für die alle vier Jahre stattfindende World Telecommunication Standardization Assembly“ (WTSA). Beim Treffen der Study Group 13 vom 1. – 13. März 2021 wurde das Thema New IP diskutiert. Ein Konsens konnte nicht erzielt werden. Damit gibt es keine Empfehlung an die jetzt für den März 2022 geplante WTSA[5].
Ungeachtet der Entscheidung der SG 13, das Thema „New IP“ nicht weiter zu verfolgen, suchen die Autoren des New IP-Papers nach alternativen Möglichkeiten, die Diskussion fortzuführen. Eine davon ist das „Institute of Electrical and Electronics Engineers“ (IEEE). Die IEEE ist der weltgrößte Verbund von Ingenieuren aus den Bereichen Elektrotechnik und Informationstechnik. Sitz der IEEE ist New York City. Die IEEE hat knapp 500.000 Mitglieder in 160 Ländern. Sie ist eine der anerkannten Standard Development Organizations (SDOs) für das Internet. Einige Experten von Futurewei, die auch an der ersten Studie zu „New IP“ für die ITU Focus Group beteiligt waren, haben im Februar 2021 einen „Call for Proposals“ für eine „Special Session/Workshop on New IP and Future Internet Data Planes (NIPFIP 2020)“ für die nächste IEEE-Konferenz in Montréal (Oktober 2021) veröffentlicht[6]. Das Thema taucht auch in anderen technischen Gremien unter dem neuen Namen „Polymorphe Netze“ auf.
Bewerbung um die Position des ITU-Generalsekretärs, 31. März 2021
Die Amtszeit von ITU-Generalsekretär Houlin Zhao läuft im Jahr 2022 aus. Nach acht Jahren kann er nicht wiedergewählt werden. Die Neuwahl des ITU-Generalsekretärs findet auf der nächsten ITU-Vollversammlung im Oktober 2022 in Bukarest statt. Als erste Kandidatin wurde am 31. März 2021 vom amerikanischen Außenminister Anthony Blinken die bisherige Direktorin des ITU Telecommunications Development Bureau (ITU-D), Doreen Bogdan-Martin, vorgeschlagen[7]. Bogdan-Martin wäre die erste Frau in diesem Amt. Die letzten ITU-Generalsekretäre kamen aus Australien (Richard E. Butler/1983 - 1989), Finnland (Pekka Tarjanne/1989 – 1999), Japan (Yoshiu Utsumi/1999 - 2006), Mali (Hamadoun Touré/2007 – 2014) und China (Houlin Zhao 2015 – 2022). Als Kandidat hat sich auch Rashid Ismailow aus Russland beworben. Ismailow war jahrelang stellvertretender Minister im russischen Telekommunikationsministerium. Seit zwei Jahren arbeitet er im privaten Sektor, zuletzt als Präsident von PJSC VimpelCom.