Quartalsbericht Q1/2022 - Zusammenfassung

Volume 1, Januar – März 2022, Nummer 1

Der Krieg in der Ukraine hat das Internet erreicht. Es gibt Cyberattacken auf beiden Seiten. Russische Hacker greifen kritische Infrastrukturen in der Ukraine an. Die Ukraine hat eine „Freiwilligen-Cyberarmee“ aus IT-Spezialisten aufgestellt. Der ukrainische Digitalminister Mykhailo Fedorov hat ICANN aufgefordert, die TLD-Zonenfiles .ru, .rf (kyrillisch) und .su aus dem Root Server zu entfernen und russische IP-Adressen zu sperren. ICANN, RIPE NCC und ISOC haben den russischen Krieg verurteilt, der Ukraine Solidarität versichert, aber die Forderung zurückgewiesen. Sie sei nicht vereinbar mit der neutralen Stewardship-Rolle ICANNs bei der Verwaltung einer globalen Ressource im öffentlichen Interesse.

Bei den UN-Verhandlungen zur Stärkung der internationalen Cybersicherheit gab es keine Fortschritte.

  • Anfang März begannen in New York Verhandlungen eines neuen Ad-hoc Committees (AHC) zur Ausarbeitung einer UN-Konvention zur Bekämpfung von Cyberkriminalität.
  • Ende März fand in New York die zweite Sitzung der UN „Open-ended Working Group“ (OEWG) statt. Die OEWG befasst sich mit Normen für staatliches Verhalten im Cyberspace.
  • Mitte März wurden in Genf die Verhandlungen zu internet-basierten tödlichen autonomen Waffensystemen (GGE LAWS) fortgesetzt. UN-Generalsekretär António Guterres fordert ein völkerrechtliches Verbot, ähnlich dem von chemischen Waffen. China, Russland, USA, Türkei oder Israel lehnen das ab.

Bei der alle vier Jahre stattfindenden ITU-Weltkonferenz zur Standardisierung (WTSA) im März in Genf ist eine Konfrontation vermieden worden. Strittige Vorschläge wie die chinesische Idee zur Ausarbeitung eines neuen Internet-Protokolls (New IP) oder der russische Vorschlag, das Domain Name System (DNS) in einem völkerrechtlichen Vertrag zu regulieren und der ITU zu unterstellen, spielten keine Rolle.    

Die Vorschläge von UN-Generalsekretär António Guterres zur Reform des Internet Governance Forums (IGF) kommen, wenn auch langsam, voran. Bei einem UN-Expertentreffen Ende März 2022 in New York wurden vor allem drei Vorschläge für ein IGF+ diskutiert:

  • Die Berufung eines UN Technologie-Botschafters (UN Tech Envoy) als rechte (Internet-) Hand des UN-Generalsekretärs wurde begrüßt, unklar aber ist das zukünftige Verhältnis zu UNDESA, das bislang für das IGF zuständig ist.
  • Die Berufung eines hochrangigen „IGF Leadership Panel“ wird begrüßt. Es könne dazu beitragen, dem IGF größere politische Relevanz zu verleihen. Unklar ist aber das Verhältnis zu der IGF Multistakeholder Advisory Group (MAG), dem eigentlichen IGF-Leitungsorgan.  
  • Parlamentarier sollen im IGF eine größere Rolle spielen (Parliamentarian Track). Unklar ist aber, ob dies durch die IPU in Genf (Top Down) organisiert werden soll oder durch eine Selbst-Organisation (Bottom Up) der Parlamentarier (Informal IGF Parliamentarian Group/IPIG).

Die von US-Präsident Biden vorgeschlagene „Allianz zur Zukunft des Internet“ bleibt Gegenstand kritischer Diskussion. Unklar sind die Rolle von nicht-staatlichen Stakeholdern, das Verhältnis zur „Freedom Online Coalition“ (FOC) und mögliche Nebenwirkungen wie eine Fragmentierung des Internet.

Die Europäische Kommission hat ihre Strategie, das „Gesetzbuch für das Internet“ zu schreiben und ein „Norm Maker“ und nicht ein „Norm Taker“ für das Internet zu sein, ausgebaut und mit Projekten wie Digital Market Act (DMA), Digital Services Act (DSA), Data Governance Act, NIS 2, AI Regulatory Package weiter untermauert.   

Die G20-Finanzminister haben bei einer Sitzung am 18. Februar 2022 in Jakarta die beim G20-Gipfel in Rom (Dezember 2021) erreichte Grundsatzeinigung zu einer globalen Digitalsteuer mit einem Implementierungsplan untersetzt. Das neue Digitalsteuersystem soll im Januar 2023 in Kraft treten.

Die G7-Staats- und Regierungschefs haben bei einem virtuellen Meeting am 11.März 2022 in Berlin russische Desinformationskampagnen und die Zensur des Internet in Russland verurteilt sowie bekräftigt, dass das russische Volk ein Recht auf freie und unverfälschte Information hat.

Mehr zum Thema
Q1/2022