Q2/2019 - Internationale Expertenkonferenzen
5G Conference, Prag, 5. Mai 2019
Am 5. Mai 2019 fand in Prag eine Expertenkonferenz zu 5G unter dem Titel „Cybersecurity of Communication Networks in a Globally Digitalized World“ statt. Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis eröffnete die Tagung. Teilnehmer waren u.a. die EU-Justizkommissarin Vera Jourova und der NTIA-Präsident David Redl vom US-amerikanischen Handelsministerium. Babis sagte in seiner Eröffnungsansprache, dass der durch 5G hervorgerufene gesellschaftliche Wandel wahrscheinlich umfassender sein werde, als das, was man sich momentan vorstellen könne. Einerseits eröffnen sich gigantische neue Möglichkeiten, anderseits würden aber die Verwundbarkeiten von Gesellschaften in bisher nicht gekannten Größenordnungen wachsen. Die Einführung von 5G müsse daher einhergehen mit einem neuen Herangehen an Fragen der Cybersicherheit. Notwendig sei ein den Realitäten entsprechendes öffentliches Bewusstsein zu schaffen und die internationale Kooperation zu Cybersicherheit auf eine neue Ebene zu heben. Die Konferenz verabschiedete ein Dokument unter dem Titel „The Prague Proposals“. Das Dokument enthält 20 Vorschläge für die Bereiche Politik, Technologie, Wirtschaft sowie Sicherheit und Datenschutz[1].
CyCon, Tallinn, 29. - 31. Mai 2019
Die jährliche CyCon-Konferenz in Tallin, die vom NATO Cyber Defence Center organisiert wird, hat sich über die Jahre zu einer führenden Expertenkonferenz zu Cybersicherheit entwickelt. Im Rahmen der Konferenzen entstanden die zwei Tallin-Manuals, die als eine wesentliche Interpretationshilfe zur völkerrechtlichen Beurteilung von staatlichem Verhalten im Cyberspace gelten. Die 2019-er Konferenz, die vom 29. -31. Mai in Tallin stattfand, wurde von der Präsidentin Estlands, Kersti Kaljulaid, eröffnet. Kaljulaid umriss in ihrer Rede die estnische Position zur Anwendung des Völkerrechts im Cyberspace in fünf Punkten[2]. Sie machte klar, dass die Gefahr von internationalen Konflikten im Cyberspace wachse und das insbesondere kleine und hochgradig vernetzte Länder wie Estland im Völkerrecht einen Schutzwall gegen Angriffe von außen sehen. Sie zitierte den ehemaligen Präsidenten Estlands, Lennart Meri, der das Völkerrecht die „Atombombe der kleinen Länder“ genannt hatte. Kaljulaid machte deutlich, dass Staaten für ihr Verhalten im Cyberspace verantwortlich sind. Staatliches Fehlverhalten oder Angriffe auf andere Staaten im Cyberspace müsste mit Konsequenzen belegt sein. Sie verwies auf zahlreiche Grauzonen bei der Interpretation des Völkerrechts in Bezug auf Cyberangriffe, sprach sich aber deutlich dafür aus, dass Staaten auch auf das Recht zur Selbstverteidigung zurückgreifen können müssen, wenn Sie in der Cyberdomain angegriffen werden. Estland sei nahezu vollständig digitalisiert und daher hochgradig verwundbar. Es müsse über alle Instrumente verfügen können, um sich gegen Cyberangriffe verteidigen zu können. Dabei müsse sich ein entsprechender Gegenschlag an den völkerrechtlichen Grundsätzen der Proportionalität und den Normen des humanitären Völkerrechts messen lassen.
Internet & Jurisdiction Policy Network, Berlin, 3. - 5. Juni 2019
Das vom französischen Internet-Experten Bertrand de la Chapelle gegründete Netzwerk „Internet & Jurisdiktion“ veranstaltete seine 3. Konferenz vom 2. bis 4. Juni 2019 in Berlin. Vorherige Konferenzen fanden in Paris (2017) und Ottawa (2018) statt. Grundidee des Projektes ist es, Mechanismen zu erarbeiten, wie die 193 nationalen Jurisdiktionen in einer grenzenlosen Internetwelt kollaborieren können. Die im vergangenen Jahr angenommene „Ottawa Roadmap“ hatte dieses Grundanliegen in drei Themenbereiche aufgeteilt: Data & Jurisdiction, Content & Jurisdiction und Domains & Jurisdiction. Für jede der Domains gab es in Berlin einen umfassenden Bericht mit sehr präzisen Vorschlägen für mögliche allgemeine Rahmenbedingungen. Für 2020 ist eine Serie von regionalen Konferenzen vorgesehen. Eine nächste Plenarkonferenz ist für 2021 anvisiert. Das Projekt erhält wegen seiner aktuellen und brisanten Themenstellung viel Zuspruch, sowohl bei Regierungen als auch bei der Wirtschaft. Sponsoren des Projekts sind u.a. die UNESCO, der Europarat, die Europäische Kommission, die OECD und ICANN. Es werden jedoch auch Zweifel daran geäußert, ob das gesteckte Ziel einer erweiterten Interoperabilität von nationalen Jurisdiktionen im globalen Cyberspace überhaupt erreichbar ist[3].
RightsCon, Tunis, 11. - 14. Juni 2019
Die RightsCon Konferenz hat sich aus der 2011 unter dem Titel „Silicon Valley Human Rights Conference“ zu einer der weltweit größten Internet-Konferenzen der Zivilgesellschaft entwickelt. An der 8. Ausgabe der RightsCon vom 14. - 17. Juni 2019 in Tunis nahmen über 3.000 Experten, vorwiegend aus der Zivilgesellschaft und der akademischen Community, teil. Veranstaltet wird die „RightsCon“ von der globalen zivilgesellschaftlichen Organisation Access Now. Aus den 850 Programmvorschlägen hatten die Veranstalter 450 Sessions ausgewählt. Die RightsCon ähnelt sehr dem IGF und behandelt im Prinzip die gleichen Themen. Im Mittelpunkt stehen dabei menschenrechtliche Fragen. Hauptredner waren u.a. David Kaye, UN-Sonderberichterstatter für Meinungsäußerungsfreiheit, und Moez Chakchouk, stellvertretender UNESCO-Generaldirektor. Die Veranstalter publizierten am Schluss der Konferenz ein Statement unter dem Titel „RightsCon Tunis Learnings“, das wesentliche Elemente der Konferenz zusammenzufassen versucht[4]. Die nächste RightsCon findet im Juni 2020 in San José in Costa Rica statt.
Cyber Week, Tel Aviv, 23. - 27. Juni 2019
Die Cyber Week in Tel Aviv ist zu einer der größten Internet-Konferenzen außerhalb der USA geworden. An der 9. Cyber Week, die vom Blavatnik-Institut der Universität Tel Aviv ausgerichtet wird, nahmen 8.000 Experten aus 80 Ländern teil. Israel ist zu einem der führenden Länder bei der Entwicklung von Hard- und Software für Cybersicherheit geworden. Das spezielle Ausbildungsprogramm der israelischen Armee, das auf Cyber spezialisiert ist, führt dazu, dass viele ehemaligen Rekruten nach Verlassen der Armee Start-ups gründen und zum Motor einer sich schnell entwickelnden digitalen Wirtschaft in Israel werden. Die Konferenz wurde vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eröffnet. Er warnte vor allem vor dem gewachsenen Potential des Irans, gezielte Cyberattacken gegen Drittstaaten ausführen zu können. Israel würde mit 85 Ländern geheime Informationen über Cybergefahren austauschen. Mit der gewachsenen Komplexität der Systeme brauche man auch neue Regulierungen. Er wolle sich aber dafür einsetzen, dass dadurch weder Innovation noch die Cybersicherheit darunter leiden[5]. Der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Yossi Cohen, warnte, dass mit einer weiteren Vernetzung der Gesellschaft ihre Verwundbarkeit wachse. Wir sind von allen Seiten durch Cyberbedrohungen umzingelt[6]. Der Mossad erhielt auf der Konferenz für seine Leistungen im Bereich den jährlich vergebenen „Cyber Week Award“. Auch dieses Jahr waren die USA wieder mit hochrangigen Persönlichkeiten vertreten, wie dem ehemaligen Senator Joe Lieberman und dem ehemaligen Chef der NSA, Mike Rogers. Rogers äußerte sich gleichfalls zum amerikanisch-iranischen Konflikt, der eine wachsende „Cyberdimension“ habe[7].