Q2/2020 - Afrikanische Union
Digitale Transformationsstrategie für Afrika (2020 – 2030), Addis Abeba, 18. Mai 2020
Am 18. Mai 2020 hat die Afrikanische Union eine umfassende Digitalstrategie für den Zeitraum 2020 bis 2030 verabschiedet. Ziel des Zehn-Jahres-Plans ist es, bis 2030 einen einheitlichen digitalen Markt in Afrika aufzubauen. Bis 2030 soll jeder Afrikaner Zugang zum Internet (6MB/sec) zu erschwinglichen Bedingungen (1 Cent per MB und nicht mehr als 100 US$ für ein Endgerät) haben. 30 Prozent der 2030 in Afrika angebotenen elektronischen Dienstleistungen sollen von afrikanischen Unternehmen kommen und auf in Afrika stationierten Servern gehostet werden. Insgesamt werden 16 Ziele formuliert, darunter die Harmonisierung von Gesetzen, Abkommen zwischen den AU-Mitgliedern zur Cybersicherheit und zum Datenschutz, Interoperabilität zwischen den afrikanischen Staaten, Erweiterung des afrikanischen Domainnamensraums, Erhöhung des digitalen Bildungsgrades für jedermann (e-Skills Development Program) und Förderung des inner-afrikanischen digitalen Handels. Bis 2030 sollen alle afrikanischen Bürger aufgeklärte und verantwortungsbewusste “e-Bürger“ sein (to make African citizens enligthened and responsible e-citizens)[1].
Das AU-Strategiepapier umfasst auf 53 Seiten nahezu alle Komplexe von digitaler Wirtschaft über Cybersicherheit bis zu neuen Technologien. Die AU formuliert sieben Prinzipien, auf denen die Strategie basieren soll. Sie soll auf vier Ebenen umgesetzt werden. Dabei werden elf kritische Sektoren definiert und über 200 Empfehlungen gegeben:
Die sieben Prinzipien sind: 1. Solidarität und Zusammenarbeit, 2. Umfassend, 3. Transformativ, 4. Inklusiv, 5. Bodenständig, 6. Offen, 7. Sicher.
Die vier Ebenen sind: 1. Politik und Regulierung, 2. Digitale Infrastruktur, 3. Digitale Fähigkeiten und menschlicher Faktor, 4. Digitale Innovation und Unternehmertum. Für jede der vier Ebenen wird die Problemstellung definiert und werden die Aktionsfelder umrissen. Zu jedem Aktionsfeld gibt es zahlreiche Einzelempfehlungen, an denen eine zukünftige Umsetzung gemessen werden kann.
Als kritische Sektoren für die digitale Transformation werden benannt: 1. Digitale Industrie, 2. Digitaler Handel und Finanzsektor, 3. Digitale Governance (e-government) 4. Digitale Ausbildung, 5. Digitale Gesundheit, 6. Digitale Landwirtschaft. Als übergreifende kritische Themen (Cross Cutting Themes) werden aufgelistet: 1. Digitale Informationsinhalte und Anwendungen, 2. Digitale Identität, 3. Neue Technologie, 4. Cybersicherheit und Datenschutz und 5. Forschung und Entwicklung.
Die Digitalstrategie der Afrikanischen Union orientiert sich in weiten Teilen an der Digitalstrategie der Europäischen Union, arbeitet aber sehr präzise die digitalen Spezifika des afrikanischen Kontinents mit seinen Stärken und Schwächen heraus. Es werden die Möglichkeiten eines „Leapfrogging“ erwähnt und auf das kreative Potential der jungen Bevölkerung des Kontinents verwiesen. Es werden aber auch die Risiken von wachsender Abhängigkeit und sich vertiefender digitaler Spaltung angesprochen. Eine etwas stiefmütterliche Rolle spielen jedoch die Menschenrechte. Zwar wird an mehreren Stellen auf die Notwendigkeit des Schutzes der Privatsphäre im digitalen Raum und auf den Datenschutz verwiesen. Konkrete Maßnahmen zum Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind in dem Dokument aber rar.
Insgesamt ist die „Digitale Transformationsstrategie für Afrika“ das umfangreichste Dokument zur Internet-Politik, das in Afrika bislang erarbeitet wurde. Die Afrikanische Union ordnet diese Strategie ein als ein Schlüsselelement für ihre „Afrikanische Agenda 2063“. Das Jahr 1963 ist in die Geschichte als das „Jahr Afrikas“ eingegangen. 1963 befreiten sich mehr als 40 afrikanische Staaten vom Kolonialismus, erlangten ihre Unabhängigkeit und wurden gleichberechtigte Mitglieder der Vereinten Nationen.