Q2/2020 - UN Open Ended Working Group (OEWG)
2. Entwurf, 25. Mai 2020
Am 25. Mai 2020 legte der Vorsitzende der OEWG, Botschafter Jürg Lauber, den zweiten Entwurf seines Abschlussberichts vor. 45 Regierungen, fünf zwischenstaatliche Organisationen und 17 nicht-staatliche Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft hatten zum ersten Entwurf vom 25. März 2020 Kommentare eingereicht.
Der zweite Entwurf präzisiert vor allem den letzten Abschnitt mit den Empfehlungen. Die Grundstruktur des Berichts mit seinen sieben Kapiteln ist gegenüber dem ersten Entwurf nicht verändert. Wenige Veränderungen gibt es auch bei der Beschreibung der Herausforderungen für die fünf Sachthemen:
- Existierende und kommende Bedrohungen,
- Völkerrecht,
- Regeln, Normen und Prinzipien für verantwortungsvolles Verhalten von Staaten,
- vertrauensbildende Maßnahmen,
- Kapazitätsbildung und
- regulärer Institutioneller Dialog.
Präzisiert wird vor allem der Abschnitt zum regulären institutionellen Cybersicherheitsdialog. Stärker als im ersten Entwurf wird die Sinnhaftigkeit eines solchen Dialogs herausgearbeitet. Es gäbe zwar verschiedene Auffassungen, was das beste Format für einen solchen Dialog sei, es gibt aber kaum noch Stimmen, die sich gegen einen solchen Dialog aussprechen. In Paragraf 65 werden sechs verschiedene Funktionen genannt, die ein solcher Dialog umfassen könnte:
- Awareness raising and information exchange;
- developing guidance to support and monitor the implementation of existing commitments and recommendations;
- building trust and confidence;
- coordinating and strengthening the effectiveness of capacity-building;
- identifying and exchanging good practices;
- encouraging further study and discussion on areas where no common understanding has yet emerged[1].
Solch ein Dialog müsste jährlich unter dem Dach der „UN-Abrüstungsmaschinerie“ stattfinden, sollte aber vermeiden, andere Aktivitäten zu duplizieren. Weitere Vorschläge betreffen die periodischen Überprüfungen zur Einhaltung der elf Prinzipien der UN-GGE von 2015 durch die UN-Staaten sowie die Ausarbeitung einer umfassenden UN-Deklaration zum Thema Cybersicherheit.
Verstärkt hat sich gegenüber dem ersten Entwurf des Berichts auch die Anerkennung der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit nicht-staatlichen Stakeholdern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. In Paragraf 71 wird einerseits betont, dass es in erster Linie Staaten und ihre Regierungen sind, die für die nationale Cybersicherheit zuständig sind und demzufolge auch der ins Auge gefasste „reguläre institutionelle Dialog“ seiner Natur nach ein zwischenstaatlicher Prozess sein müsse. Andererseits wird anerkennt, dass, um einen sicheren Cyberspace aufzubauen, eine Multistakeholder-Zusammenarbeit unumgänglich sei. Hier müssten neue Mechanismen gefunden werden[2]. Betont werden auch die Prinzipien Inklusion und Transparenz, ohne jedoch bereits zu spezifizieren, wie dies operationalisiert werden könnte.
Der Abschnitt mit den Empfehlungen ist gegenüber dem ersten Entwurf etwas konkreter geworden, bleibt aber immer noch vage und enthält „Platzhalter“ für weitere Vorschläge.
Im Abschnitt „Völkerrecht“ wird u.a. empfohlen ein Berichtssystem einzuführen, bei dem die UN-Staaten darlegen, wie sie das Völkerrecht im Cyberspace anwenden. Die UN-Völkerrechtskommission wird aufgefordert dazu ein Expertengutachten anzufertigen.
Im Abschnitt „Regeln, Normen und Prinzipien für verantwortungsvolles Verhalten von Staaten“ wird vorgeschlagen eine Datenbank anzulegen mit Informationen über nationale Politiken und Strategien zum Thema Cybersicherheit.
Im Abschnitt „vertrauensbildenden Maßnahmen (CBMCs)“ soll gleichfalls ein Repository aufgebaut werden in dem alle globalen, regionalen und nationalen CBMCs erfasst werden sollen. Die UN-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert nationale „Point of Contacts“ zu nominieren, die als sogenannte „Cyberbotschafter“ fungieren und den diplomatischen Dialog zwischen den Staaten verbessern könnten. Empfohlen wird eine enge Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen wie der OSZE, ASEAN, OAS oder AU.
Im Bereich von „Kapazitätsbildung“ wird empfohlen, Ausbildungsprogramme auf neutraler Basis und von noch nicht spezifizierten Prinzipien „kohärent“ zu gestalten.
Neuer Zeitplan, 07. Juni 2020
Am 06. Juni 2020 schlug Botschafter Lauber in einem Brief an die UN-Staaten eine Verlängerung des Mandats der OEWG bis zum Frühjahr 2021 vor. Angesichts der Pandemie sei es nicht möglich, den OEWG-Bericht bis zum Beginn der 75. UN-Vollversammlung im Herbst 2020 fertig zu stellen[3]. Nach Laubers Vorstellungen sollen im Zeitraum zwischen Juni 2020 und Dezember 2020 eine Serie von virtuellen Verhandlungen stattfinden. In der Hoffnung, dass sich bis zum Jahresende die Bedingungen für ein physisches Treffen in New York wieder normalisiert haben, soll das dritte und abschließende Treffen der OEWG im „zeitigen Frühjahr 2021“ stattfinden. Der Vorschlag traf auf breite Unterstützung. Russland forderte sogar eine Verlängerung des Mandats der OEWG bis 2025. Die erste Runde von virtuellen Konsultationen fand zwischen dem 15. und 19. Juni 2020 statt. Offen blieb die Frage, wie transparent diese virtuellen Verhandlungen zwischen den Regierungen organisiert werden sollen. Bei den ersten beiden formellen OEWG-Sitzungen im September 2019 und im Februar 2020 waren akkreditierte nicht-staatliche Stakeholder als Beobachter ohne Rederecht zugelassen. Im Dezember 2020 hatte es eine informelle Konsultation zwischen Regierungen und Vertretern der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft gegeben. Bei der ersten virtuellen Konsultationsrunde im Juni 2020 waren NGOs jedoch ausgeschlossen.