Q3/2019 - Quartalsbericht Zusammenfassung

Die globale Internet Governance Diskussion erhielt im 3. Quartal 2019 vor allem vom G7-Gipfel in Biarritz (24. – 26. August 2019) und der 74. UN-Vollversammlung (Beginn 24. September 2019) in New York weitere Impulse.

1. Beim G7-Gipfel am 25. August 2019 wurde eine „G7 Biarritz Strategy for an Open, Free and Secure Digital Transformation“ sowie ein „G7-Aktionsplan zur digitalen Transformation in Afrika“ verabschiedet.

2. Bei der am 24. September 2019 begonnenen 74. UN-Vollversammlung werden in drei Ausschüssen internet-relevante Fragen besprochen (1. Ausschuss: Cybersicherheit, 2. Ausschuss: Digitalisierung und WSIS Follow-up, 3. Ausschuss: Menschenrechte und Cyberkriminalität).

Insgesamt hat sich auch im 3. Quartal 2019 die Re-Strukturierung der globalen Internet Governance Diskussion fortgesetzt.

  • Einerseits verstärkt sich die Verlagerung der Debatte von nichtstaatlichen in zwischenstaatliche Gremien, wobei dies keine Rückkehr zum traditionellen „Multilateralismus“ ist. Mittlerweile wird selbst in Gremien, die bislang ausschließlich Regierungen vorbehalten waren (wie dem UN-Abrüstungsausschuss), die Frage einer sinnvollen Einbindung von nichtstaatlichen Akteuren aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, der akademisch-technischen Community und der Zivilgesellschaft diskutiert.
  • Anderseits strukturiert sich die Debatte mehr und mehr in die „vier Körbe“ des globalen Internet Governance Ecosystems (Cybersicherheit, digitale Wirtschaft, Menschenrechte und Technologie). Dabei wird zunehmend eine Schwäche des aktuellen zwischenstaatlichen Verhandlungssystems sichtbar. Während von der Sache her die meisten Internet-Themen miteinander verbunden und multidisziplinär sind, sind die Verhandlungen voneinander separiert und werden monodisziplinär geführt. Dieser „Silo-Approach“ erschwert das Finden nachhaltiger und ganzheitlicher Lösungen.

Das UN High Level Panel on Digital Cooperation (HLP.CD) hatte in seinem Bericht vom Juni 2019 auf beide Probleme hingewiesen. „Mutilateralismus“ und „Multistakeholderismus“ seien keine Alternativen oder Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille. Und im Zeitalter „digitaler Interdependenz“ in einer „interconnected world“ bedürfe es eines ganzheitlichen Ansatzes (holistic approach) für globale Verhandlungen zu Cyber- und Digitalthemen. Es wird sich zeigen, wie diese beiden Empfehlungen Ausgangspunkt sein werden für die Ausarbeitung des „UN Global Commitment on Digital Cooperation“, das am 24. Oktober 2020 zum 75. Jahrestag der Vereinten Nationen verabschiedet werden soll.

Im Bereich von Cybersicherheit begannen am 9. September 2019 in New York die Verhandlungen der Open-ended Working Group (OEWG). Die OEWG wurde von der 73. UN-Vollversammlung im Dezember 2018 neu geschaffen mit dem Mandat, Normen für das Verhalten von Staaten im Cyberspace und vertrauens- sowie kapazitätsbildende Maßnahmen auszuarbeiten. Die OEWG ist offen für alle 193 UN-Mitgliedsstaaten.

  • Damit unterscheidet sie sich von der 6. UN Group of Governmental Experts (UNGGE), die gleichfalls von der 73. UN-Vollversammlung ein ähnliches Mandat erhalten hat, der aber nur 25 Regierungen angehören. Die 6. UNGGE beginnt ihre Arbeit im Dezember 2019.
  • Fortgesetzt wurden Ende August 2019 die Verhandlungen zu den tödlichen autonomen Waffensystemen (GGE LAWS). Diese Verhandlungsgruppe operiert unter dem Dach der UN-Konvention zu bestimmten konventionellen Waffen (CCW).
  • Cybersicherheitsfragen standen auf der Tagesordnung des G7-Gipfeltreffens vom 24. – 26. August 2019 in Biarritz und der Innenminister der „Five Eyes-Staaten“ am 29. Juli 2019 in London.
  • NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat am 29. August 2019 bekräftigt, dass die NATO einen Cyberangriff auf ein Mitgliedsland als einen Angriff im Sinne von Artikel 5 des NATO-Vertrages ansieht, was den kollektiven Verteidigungsfall auslösen würde.
  • INTERPOL and das UN Counter-Terrorism Centre (UNCCT) haben am 11. Juli 2019 ein Handbuch zur Bekämpfung des Terrorismus im Internet publiziert. Im September 2019 fand ein erster Ausbildungskurs von Interpol statt, um Polizeibehörden besser auf die Verfolgung von Straftaten im Internet vorzubereiten.

Im Bereich der digitalen Wirtschaft entwickelt sich die Welthandelsorganisation (WTO) zur zentralen Plattform für Verhandlungen in den Bereichen E-Commerce und digitaler Datenhandel, wobei die Weigerung von Indien, sich dem „Osaka Track“ der G20 (Juni 2019) und damit dem Davoser „Joint Statement“ (Januar 2019) von 78 WTO-Mitgliedern, anzuschließen, signalisiert, dass der Weg zu einem Abkommen kompliziert werden wird.

  • Ein weiteres strittiges Thema ist die Digitalsteuer. Am Rande des G7-Gipfeltreffens in Biarritz vereinbarten US-Präsident Trump und der französische Präsident Macron, das strittige Thema Digitalsteuer mittels einer globalen Lösung im Rahmen der OECD noch im Jahr 2020 zu lösen. Frankreich hatte diese Steuer – die zunächst vorrangig auf US-amerikanische Internet-Unternehmen zielt – im Frühjahr 2019 eingeführt. Die USA hatten daraufhin mit Sanktionen gedroht. Frankreich will im Falle der Erreichung einer globalen Lösung die einbehaltene Steuer zurückzahlen.
  • Sehr umstritten ist der vor allem von Facebook verfolgte Plan der Einführung einer neuen, internet-basierten Kryptowährung(LIBRA). Das Vorhaben ruft Regierungen auf den Plan, die sich zunehmend kritisch mit dem Projekt auseinandersetzen.
  • Die Digitalisierung wird immer stärker auch zu einem Schwerpunkt bei der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen in ihrer Agenda 2030. Die 74. UN-Vollversammlung hat am 23. September 2019 eine Resolution zu Aktivitäten in der verbleibenden Dekade zur Erreichung der SDGs verabschiedet, in der die digitale Transformation eine große Rolle spielt.
  • Ein Schwerpunkt ist Afrika. Das Weltwirtschaftsforum in Davos hat seine Sommerkonferenz im September 2019 in Kapstadt in Südafrika durchgeführt. Afrika wird zunehmend zu einem Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen chinesischen und westlichen Entwicklungshilfemodellen. Bei Themen wie G5, AI, Internet der Dinge und E-Commerce geraten die Anstrengungen Chinas (Ausbau der digitalen Seidenstraße) zunehmend in Konflikt mit den Kooperationsangeboten der G7-Staaten (G7-Biarritz-Aktionsplan zur digitalen Transformation in Afrika). Welche Rolle dabei das im August 2019 gegründete BRICS-Institut für zukünftige Netzwerke spielen wird, bleibt abzuwarten.

Im Bereich der Menschenrechte ist der UN-Menschenrechtsrat (HRC) in Genf zur Hauptplattform der Diskussion über internet-relevante Themen wie Gewährleistung der Meinungsäußerungsfreiheit und Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter geworden. Für beide Themen hat der HRC bereits vor Jahren Sonderberichterstatter eingesetzt, die regelmäßig sowohl dem UN-Menschenrechtsrat als auch dem 3. Ausschuss der UN-Vollversammlung berichten. Vorschläge der beiden Sonderberichterstatter zur Ausarbeitung neuer völkerrechtlicher Instrumente, z.B. zum Verbot einer anlasslosen Massenüberwachung, sind bislang jedoch auf Ablehnung bei der Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten gestoßen.

Im Bereich neuer Technologien geht es vor allem um Themen wie Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge und 5G.

  • Mit den Richtlinien zur Künstlichen Intelligenz (AI-Guidelines) des G20-Gipfeltreffens vom Juni 2019 in Osaka (basierend auf einer von der OECD verabschiedeten Deklaration) gibt es jetzt ein erstes hochrangiges politisches Instrument. Es wird sich zeigen, inwiefern dieses Dokument zukünftige Diskussionen und Verhandlungen zur Technologieentwicklung beeinflussen wird.
  • Die ITU versucht in all diesen Bereichen sich als eine Plattform anzubieten, die die Welt in die Zukunft führen kann. Das wurde erneut bei der der „ITU World Telecom“ im September 2019 in Budapest sichtbar.
  • Zu beobachten ist auch eine „Politisierung“ in den nichtstaatlichen technischen Standardisierungsorganisationen. Das geht selbst an der IETF nicht spurlos vorüber, wie die Diskussionen von neuen Standards zu Cybersicherheit oder Schutz der Privatsphäre zeigen. Die politischen Konsequenzen der Einführung neuer Protokolle – wie z.B. von DNS over HTTPS (DOH) – sind dabei nicht immer sofort erkennbar, was mittelfristig neues Konfliktpotenzial zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stakeholdern entstehen lässt.

Im Einzelnen sind die folgenden Aktivitäten auf zwischenstaatlicher Ebene im 3. Quartal 2019 herauszuheben:

  • Bei dem unter der französischen Präsidentschaft stattgefundenen G7-Gipfel in Biarritz vom 24. – 26. August 2019 wurde eine „G7-Strategie für eine offene, freie und sichere digitale Transformation“ sowie ein „G7-Aktionsplan zur digitalen Transformation in Afrika“ verabschiedet. Ausführlich wurde über Cybersicherheit, digitalen Datenhandel und die zukünftige Strategie der G7 zum Thema „Künstliche Intelligenz“ gesprochen;
  • Unter der japanischen G20-Präsidentschaft fand ein Treffen der G20-Arbeitsminister statt, bei dem u.a. Konsequenzen der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit besprochen wurden. Die G20-Arbeitsminister unterstützen die Empfehlungen der ILO „Global Commission on the Future of Work“ vom Januar 2019;
  • Im August 2019 eröffnete die chinesische Filiale des „BRICS Institute for the Future of Networks“ in Shenzhen. Die Gründung eines solchen Instituts war von den BRICS-Kommunikationsministern unter der südafrikanischen BRICS-Präsidentschaft im September 2018 beschlossen worden.
  • Am 24. September 2019 begann die 74. UN-Vollversammlung. Internet-Themen werden ausführlich in drei Ausschüssen der UN-Vollversammlung (1. Ausschuss: Cybersicherheit, 2. Ausschuss: Digitalisierung und WSIS Follow-up, 3. Ausschuss: Menschenrechte und Cyberkriminalität) besprochen.
  • Am 23. September 2019 verabschiedete die UN-Vollversammlung auf Empfehlung des UN High Level Political Forum (HLPF) zur nachhaltigen Entwicklung (SDG) eine Resolution mit der Aufforderung an die UN-Mitglieder, ihre Anstrengungen in der verbleibenden Dekade bis 2030 auch im Bereich der digitalen Transformation zu verstärken.
  • Die nach der Wahl des Europäischen Parlaments neu gewählte Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat das Thema Digitalisierung als eine der Prioritäten ihrer fünfjährigen Amtszeit bezeichnet. Ihre designierte Stellvertreterin, die Dänin Margrethe Vestager, erhält in ihrem neuen Portfolio umfangreiche Zuständigkeiten für den Ausbau des digitalen Binnenmarktes und die generelle Internet-, Cyber- und Digitalpolitik der Europäischen Union.
  • NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich in einem Pressebeitrag am 26. August 2019 umfassend zur Cyberstrategie der NATO geäußert. Cyber sei die „5. Dimension“ (neben Land, Luft, See und Weltraum), in der die NATO die Verteidigung ihrer Mitglieder organisiert. Ein Cyberangriff auf ein NATO-Land ist nach Artikel 5 des NATO-Vertrages von Washington (1948) als ein Angriff auf alle NATO-Staaten zu bewerten und kann den kollektiven Verteidigungsfall auslösen.
  • Die von der 73. UN-Vollversammlung im Dezember 2018 gebildeten Open-ended Working Group/OEWG hat ihre erste Sitzung vom 9. – 13. September in New York abgehalten. Daran nahmen mehr als 100 Regierungen und zahlreiche NGOs teil. Schwerpunkte waren die Relevanz des Völkerrechts für den Cyberpace, Normen für das Verhalten von Staaten im Internet sowie vertrauens- und kapazitätsbildende Maßnahmen.
  • Die UN Group of Government Experts (UNGGE) hat im 3. Quartal 2019 erste regionale Konsultationen in Europa (Bratislava), Lateinamerika (Washington) und Afrika (Addis Abeba) durchgeführt. Ihre erste formale Sitzung ist für Anfang Dezember 2019 in New York geplant.
  • Die Group on Governmental Experts zu tödlichen autonomen Waffensystemen (GGE LAWS) ist bei ihrer Sitzung Ende August 2019 in Genf einem möglichen Abkommen über das Verbot von Killerrobotern nicht nähergekommen. Ein Arbeitsplan für die Jahre 2020 und 2021 wurde verabschiedet. Nichtstaatliche Organisationen kritisieren die Verzögerung als eine Hinhaltetaktik der Staaten, die solche Waffensysteme entwickeln.
  • Die 76 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO), die im Januar 2019 am Rande des Weltwirtschaftsforum in Davos den Beginn von Verhandlungen zur Ausarbeitung eines multilateralen Vertrages zu E-Commerce (Joint Initiative on eCommerce) bekanntgegeben hatten, haben sich Ende September 2019 zu ihrer zweiten vertraulichen Sitzung getroffen. Indien lehnt nach wie vor eine Beteiligung an den Verhandlungen ab. Nichtstaatliche Organisationen kritisieren die mangelnde Transparenz.
  • Die ITU veranstalte im September 2019 das alle vier Jahre stattfindende „World Telecom Forum“ in Budapest, diskutierte Zukunftsthemen (Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, 5G), bereitete die nächste Weltradiofrequenzkonferenz (WRC19) vor und vergab eine Reihe von Preisen für digitale Innovationen, insbesondere an klein- und mittelständische Unternehmen.

Auf der Multistakeholder-Ebene sind im 3. Quartal 2019 die folgenden wichtigen Aktivitäten herauszuheben:

  • Der „Christchurch Call“ ist mittlerweile von 48 Regierungen, dem Europarat, der Europäischen Kommission, der UNESCO und zehn großen Internet-Unternehmen, darunter Google, Facebook, Microsoft und Amazon, unterzeichnet worden.
  • Das Programm für das 14. Internet Governance Forum vom 25. – 29. November 2019 in Berlin wurden im August 2019 veröffentlicht.
  • Am 6. September 2019 fand in Triest das erste Vorbereitungstreffen für das 14. EuroDIG statt das unter dem Motto „Towards a sustainable governance of the Internet” vom 10. bis 12. Juni in der norditalienischen Stadt veranstaltet werden wird.

Auf der nichtstaatlichen Ebene sind im 3. Quartal 2019 folgende wichtige Aktivitäten herauszuheben:

  • Die Global Commission on Stability in Cyberspace (GCSC) hat den Entwurf ihres Abschlussberichtes fertig gestellt. Er wird im Oktober 2019 in Addis Abeba verabschiedet und beim Pariser Friedensforum sowie dem IGF in Berlin (November 2019) der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
  • Das Weltwirtschaftsforum Davos (WEF) hat seine Sommerkonferenz im August 2019 in Kapstadt in Süd-Afrika durchgeführt. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, 5G und Cybersicherheit waren Schwerpunkte der Diskussion.
  • Microsoft hat am 25. September 2019 zusammen mit der Hewlett Foundation und Mastercard die Gründung eines „Cyber Peace Institut“ (CPI) in Genf bekanntgegeben. Erste Präsidentin des CPI ist die ehemalige niederländische Europaabgeordnete Marjette Schaake.
  • Auf dem jährlichen Alumni-Meeting der „Young Leaders“ der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) würde über das Thema militärische Abschreckung im Cyberspace gesprochen.
  • Bei zwei hochrangigen internationalen Expertenkonferenzen in London (Global Pledge on Media Freedom/Juli 2019) und im Vatikan (Common Good in the Digital Age/September 2019) ging es um die Zukunft von Medien und Gesellschaft im digitalen Zeitalter.

 

 

Wenn ich an die großen wissenschaftlichen Revolutionen der Vergangenheit denke, die Erfindung des Buchdrucks, die Dampfmaschine, die Luftfahrt oder das Atomzeitalter, denke ich an neue Werkzeuge und Methoden, die wir uns erschlossen haben. Aber bei diesen Instrumentarien hatten wir – die Menschheit – den Nutzen, wir hatten die Kontrolle. Auf das digitale Zeitalter trifft das nicht unbedingt zu. Sie mögen Geheimnisse vor Ihren Freunden haben, vor Ihren Eltern, Ihren Kindern, Ihrem Arzt – ja, vielleicht sogar vor Ihrem Personal Trainer – aber wenn Sie Ihre Gedanken vor Google verbergen wollen, wird es richtig schwierig. Und wenn das schon heute so ist, wird es in Zukunft vielleicht überhaupt keine Möglichkeit mehr geben sich zu verstecken. In smarten Städten wird es von Sensoren nur so wimmeln, alle miteinander vernetzt über das Internet der Dinge, Poller, die für uns unsichtbar, mit Laternenpfählen kommunizieren. So gibt es immer einen Parkplatz für Ihr Elektroauto, kein Abfalleimer bleibt ungeleert und keine Straße ungefegt. Das urbane Umfeld ist so steril wie eine Schweizer Apotheke. Doch diese Technologie könnte auch dafür eingesetzt werden, jeden einzelnen Bürger rund um die Uhr zu überwachen. Eine Alexa der Zukunft wird vorgeben, Befehle entgegenzunehmen. In Wirklichkeit aber wird eben diese Alexa Sie beobachten, mit der Zunge schnalzen und mit dem Fuß aufstampfen. In Zukunft wird jeder Raum und fast jeder Gegenstand über Sprachkonnektivität verfügen: Ihre Matratze wacht über Ihre Alpträume, Ihr Kühlschrank piepst nach mehr Käse, Ihre Haustür schwingt auf wie von Butler-Hand, sobald Sie sich nähern; Ihr intelligenter Zähler geht auf die Jagd nach dem günstigsten Strom – ganz ohne ihr Zutun. Und jeder einzelne dieser Räume und Gegenstände überträgt jede Ihrer Gewohnheiten minutiös in ein winziges elektronisches Stenogramm, welches nicht in Chips oder Eingeweiden gespeichert wird – überhaupt nirgendwo, wo Sie es finden könnten – sondern in einer riesigen Daten-Cloud, die immer drohender über der Menschheit lauert . Eine gigantische schwarze Gewitterwolke, die darauf wartet sich zu entleeren. Aber wir haben keinerlei Kontrolle darüber, wann und wie der Regen niedergehen wird.

Boris Johnson Premierminister des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland; 74. UN-Vollversammlung, New York, 24. September 2019
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