Q3/2019 - Welthandelsorganisation (WTO)

Genf, 26. – 28. September 2019

Vom 26. – 28. September 2019 fand in Genf die nächste Verhandlungsrunde der „Joint Initiative for eCommerce“ statt. Für den digitalen Handel gilt ein aus dem Jahre 1998 stammendes WTO-Moratorium, das auf die Erhebung von Zöllen beim grenzüberschreitenden Datenhandel verzichtet. Dieses Moratorium läuft Ende 2019 aus.

  • Seit Jahren wird in der WTO über ein an die veränderten Rahmenbedingungen angepasstes Abkommen diskutiert. Nachdem die WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2018 in Buenos Aires keine Fortschritte erzielte, hatten sich beim Davoser Weltwirtschaftsforum im Januar 2019 78 WTO-Mitglieder auf eine gemeinsame Initiative geeinigt, in einem „Fast Track“ einen Vertrag auszuhandeln.
  • Die erhoffte Dynamik ist allerdings ausgeblieben. Bereits beim G20-Gipfel in Osaka im Juni 2019 erklärte Indien, dass es sich nicht an diesen Verhandlungen beteiligt. Indien befürchtet einen Verlust an Souveränität und Entscheidungshoheit über die nationale Digitalwirtschaft. Auch Indonesien und Südafrika beteiligen sich nicht an dem „Osaka Fast Track“.
  • Kritik kommt auch von nichtstaatlichen Organisationen, die mangelnde Transparenz der Verhandlungen anprangern und davor warnen, dass ein hinter verschlossenen Türen ausgehandeltes Abkommen sich gegen die Interessen von Konsumenten und Entwicklungsländern richten und einseitig große Internet-Plattformen begünstigen könnte[1].

Bei den ersten zwei Runden der Verhandlungen wurden keine Fortschritte vermeldet. Die EU hatte bereits im Juni 2019 ein neun-seitiges Positionspapier eingebracht. Ein vertrauliches US-amerikanisches Positionspapier war im August 2019 publik geworden. Am Vorabend der September-Runde hat China vorgeschlagen, in einem zukünftigen Abkommen eine Art Neutralitätsklausel einzufügen, demnach IT-Produkte und digitale Dienstleistungen nicht diskriminiert werden dürften, egal aus welchen Ländern sie kommen[2]. Eine solche Klausel würde verhindern, dass Regierungen aus Sicherheitserwägungen bestimmte Anbieter, z.B. beim Aufbau von 5G-Netzen, ausschließen. Die Ausgangspositionen der einzelnen Beteiligten an den Verhandlungen liegen demnach sehr weit auseinander. Dazu kommt, dass einige Experten vorschlagen, die Verhandlungen zu einem E-Commerce-Abkommen mit der seit langem anstehende Reform der WTO zu verbinden, was die Materie insgesamt nicht einfacher machen würde. Viele Regierungen sehen daher den Plan, bis zur nächsten WTO-Ministerkonferenz im Juni 2020 ein erstes Abkommen zum digitalen Handel unterschriftsreif zu haben, eher skeptisch.

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Q3/2019WTO
  1. [1] Maximilian Henning & Alexandra Ketterer, Digitaler Handel: Indien fordert Zölle im Internet, siehe: https://netzpolitik.org/2019/digitaler-handel-indien-fordert-zoelle-im-internet/
  2. [2] Hannah Monicken, China's WTO e-commerce proposal would limit ability to block ICT products on security grounds, 27. September 2019, in: https://insidecybersecurity.com/daily-news/chinas-wto-e-commerce-proposal-would-limit-ability-block-ict-products-security-grounds