Q3/2020 - Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Geleakte Vertragsentwürfe zu den OECD-Verhandlungen über eine globale Digitalsteuer, 3. September 2020

Seit 2018 finden unter dem Dach der OECD und der G20 Globalverhandlungen für die Einführung eines globalen Regimes für eine Digitalsteuer statt. An den unter dem Kürzel BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) bekanntgewordenen Verhandlungen nehmen 137 Staaten teil. Sie sollen bis Ende 2020 abgeschlossen sein. Ziel ist es, nationale Alleingänge zur Einführung von Digitalsteuern zu verhindern. Ungeachtet des Austritts der USA aus den Globalverhandlungen im Juni 2020[1] wurde die Arbeit an der Formulierung eines zukünftigen Abkommens fortgesetzt. Am 3. September 2020 wurden die Entwürfe auf der Website der kanadischen Steuerexpertin Allison Christians, Professorin für Steuerrecht an der juristischen Fakultät der McGill University in Montreal, geleakt[2]. Das Abkommen basiert auf zwei „Säulen“ (Pillars).

Bei der Säule 1 gehe es um neue Regeln zu der Frage, wo die Steuern zu zahlen sind ("Anknüpfungsregeln") sowie einen grundlegend neuen Ansatz zur Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Ländern. Ziel sei es sicherzustellen, "dass hochdigitalisierte oder verbraucherorientierte multinationale Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie einer dauerhaften und wesentlichen Geschäftstätigkeit nachgehen". Bei der Säule 2 gehe es um die Einführung einer globalen Mindeststeuer, mit der die Länder noch bestehenden Problemen der Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen begegnen könnten.

Sollte keine konsensgetragene Lösung gefunden werden, könnte dies zu weiteren unilateralen Steuern auf digitale Dienstleistungen und damit zu zunehmenden Steuer- und Handelsstreitigkeiten führen, warnte die OECD. Im schlimmsten Fall könnten Wachstumseinbußen in der Größenordnung von mehr als einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung die Folge sein. Die Entwürfe sollen Anfang Oktober 2020 offiziell veröffentlicht und dann diskutiert werden. Ob der ursprüngliche Zeitplan, ein finales Abkommen bis Ende Dezember 2020 unterschriftsreif zu haben, noch einzuhalten ist, ist offen.

Mehr zum Thema
Q3/2020OECD
  1. [1] Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer wird mit folgenden Worten zitiert: „We have a situation where a variety of countries have decided that the easiest way to raise revenue is to tax somebody else’s companies and they happen to be ours. The United States will not let that happen.” Siehe: US withdraws from talks with India, others over taxing Google, Amazon, Facebook, The Print, 18. Juni 2020, in: https://theprint.in/economy/us-withdraws-from-talks-with-india-others-over-taxing-google-amazon-facebook/443720/
  2. [2] Julie Martin, MNE Tax, Leaked OECD draft pillar one and pillar two digital tax blueprints available, 3. September 2020, in: https://mnetax.com/leaked-oecd-draft-blueprints-on-pillar-one-and-two-available-40033