Q3/2020 - Russische BRICS-Präsidentschaft
Treffen der BRICS-Kommunikationsminister, 17. September 2020 (virtuell)
Am 17. September fand das 6. Treffen der BRICS-Kommunikationsminister statt. Die Minister verabschiedeten eine Deklaration „Global Digitalization: New Opportunities and New Challenges“[1].
Die Deklaration fordert angesichts von Covid-19 eine Vertiefung der digitalen Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Ländern. Alle fünf Länder würden mit ähnlichen Folgen der Krise konfrontiert sein und müssten den Übergang zu neuen digitalen Formen des Arbeitens, Lernens und Handelns in Politik und Wirtschaft meistern;
Hervorgehoben wird die Rolle der Digitalwirtschaft bei der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN (SDGs). Der Breitband-Ausbau in den fünf BRICS-Ländern soll beschleunigt werden;
Beim Thema Künstliche Intelligenz wird auf das Potenzial von KI für wirtschaftliches Wachstum in Entwicklungsländern hingewiesen. Die BRICS-Länder werden aufgefordert, in diesem Bereich die Rahmenbedingungen für eigene Innovation und Entwicklungen zu verbessern. Notwendig sei, Vertrauen in KI zu stärken;
Erweitert wurden die Mechanismen der fünfseitigen Kooperation zwischen den BRICS-Staaten im digitalen Bereich. Das vor zwei Jahren gegründete BRICS-Institut für die Next Generation Internet (BIFN) hat nach seiner ersten Filiale in China jetzt Partner in Brasilien, Indien und Südafrika bekommen. Das BIFN soll Forschungen zu den in der Deklaration benannten kritischen Schwerpunkten vorantreiben und eng mit der Digital BRICS Task Force (DBTF) zusammenarbeiten.
Treffen der BRICS-Sicherheitsberater, 18. September 2020 (virtuell)
Am 18. September 2020 fand ein virtuelles Treffen der BRICS-Sicherheitsberater statt. Auf dem Treffen wurde erneut über den seit mehreren Jahren auf dem Tisch liegenden Vorschlag für ein pentalaterales Abkommen zu Cybersicherheit zwischen den fünf BRICS-Staaten diskutiert. Es gab jedoch erneut keine Fortschritte. Unterstützt wird jedoch ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen der UNO bei den Verhandlungen der UN-GGE und der OEWG. Eine Unterstützung des russischen Vorschlags für eine UN-Konvention gegen Cyberkriminalität enthält das Kommuniqué jedoch nicht[2].
Treffen der BRICS-Zivilgesellschaft, 2020
Erstmals wieder seit 2015 fand unter der russischen BRICS-Präsidentschaft ein zivilgesellschaftliches BRICS-Forum statt. Wegen der Pandemie tagten die verschiedenen Arbeitsgruppen virtuell. Am 26. September 2020 wurde die einzelnen Statements der Arbeitsgruppen in einer zivilgesellschaftlichen Deklaration in Form einer „Recommendation to the BRICS Leaders“ zusammengefasst[3]. Die Arbeitsgruppe Digitalisierung verabschiedete sieben Empfehlungs-Paragraphen, die sich mit digitalen Monopolen, den Auswirkungen der Digitalisierung auf die traditionelle Wirtschaft, digitalen Finanzierungtechnologien, sozialen Netzwerken und einem verbesserten Dialog zwischen den BRICS-Staaten beschäftigen. Beklagt wird die „Einmischung von ausländischen Internet-Diensteanbietern“ in die inneren Angelegenheiten der BRICS-Staaten. Gefordert wird eine einheitliche BRICS-Position zum Thema Cybersicherheit. Die BRICS-Länder sollten sich auf ihre eigenen Stärken besinnen, eigene Innovationen fördern und das eigene geistige Eigentum besser schützen, um unabhängiger zu werden vom westlich dominierten Patentsystem. Im Bereich von sozialen Netzwerken sollten lokale, nationale und regionale Netzwerke gefördert werden[4].
Treffen der SCO-Außenminister, 6. September 2020
Bei einem Treffen der Außenminister der SCO am 6. September 2020 warnte der russische Präsident Wladimir Putin vor einem Anstieg von Cyberkriminalität. Die SCO-Staaten müssten ihre Anstrengungen verstärken, um dieser neuen Gefahr adäquat zu begegnen. Die SCO würde eine wachsende Rolle in der Weltpolitik, vor allem im Euro-Asiatischen Raum, spielen. Unter der russischen SCO-Präsidentschaft sei das Interesse an der SCO gewachsen. 16 Länder hätte ihr Interesse bekundet, Mitglied, Beobachter oder Dialogpartner der SCO zu werden. Putin kündigte ein virtuelles SCO-Gipfeltreffen für November 2020 an[5]. Die SCO-Außenminister unterstützen die Vorschläge zur Ausarbeitung von Prinzipien und Normen für ein verantwortungsvolles Verhalten von Staaten im Cyberspace sowie für ein völkerrechtliches Abkommen gegen Cyberkriminalität im Rahmen der UNO. Die Minister einigten sich auch auf den Entwurf eines Statements zur „internationalen Informationssicherheit“, das die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen im November verabschieden werden[6]. 2021 übernimmt Tadschikistan die SCO-Präsidentschaft.
Die russische Regierung hat im 3. Quartal 2020 ihre politischen Positionen zu einer internationalen Cyberdiplomatie weiter präzisiert. Das betrifft insbesondere die geplanten Aktivitäten im Rahmen der UNO und eine neue Initiative zur Wiederbelebung der bilateralen Cyberdialoge mit westlichen Ländern, insbesondere den USA und Deutschland.
Zu den Prioritäten Russlands auf der 75. UN-Vollversammlung zählt eine Stärkung der OEWG und die Beförderung der Initiative einer neuen UN-Konvention gegen Cyberkriminalität. In dem am 23. Juli 2020 veröffentlichten Dokumenten vermeidet die russische Regierung die im Westen geläufigen Begriffe „Cyber“ und „Digital“ und verwendet dafür durchgehend den Begriff der „International Information Security“ (IIS). Es gibt keinen Bezug zu der von UN-Generalsekretär António Guterres präsentierten Roadmap on Digital Cooperation[7].
Am 25. September 2020, drei Tage nach dem UN-Gipfeltreffen zum 75. Jahrestag der Vereinten Nationen und sechs Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen, wandte sich der russische Präsident Wladimir Putin an den amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit einem Vorschlag zur Widerbelebung des russisch-amerikanischen Cyberdialogs. Putin schlägt regelmäßige hochrangige Konsultationen zwischen beiden Ländern unter Einbeziehung der CERTs, ein bilaterales Abkommen zur Vermeidung von Cyberkonflikten nach dem Modell des Vertrags zwischen den USA und der UdSSR zur Vermeidung von Zwischenfällen auf hoher See aus dem Jahr 1972 sowie den Verzicht auf Einmischung in die inneren Angelegenheiten vor, um neues Vertrauen aufzubauen[8].