Q3/2021 - Indische BRICS-Präsidentschaft
BRICS-Gipfeltreffen, 9. September 2021, virtuell
Das 13. Gipfeltreffen der fünf BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) fand am 9. September 2021 unter der indischen Präsidentschaft als virtuelles Meeting unter dem Titel „Inter-BRICS Cooperation for Continuity, Consolidation and Consensus“ statt. Wie bei den vorhergegangenen BRICS-Gipfeltreffen standen die Themen Cybersicherheit und digitale Zusammenarbeit auf der Tagesordnung. Vergleicht man jedoch die in den letzten fünf Jahren bei BRICS-Gipfeltreffen gemachten Ankündigungen mit den praktischen Ergebnissen, zeigt sich, dass BRICS als ein loser Staatenverbund offensichtlich das Potenzial für eine vertiefte Zusammenarbeit in diesen Bereichen ausgeschöpft hat. Die indische BRICS-Präsidentschaft verzeichnete keine wesentlichen Fortschritte, weder im Bereich Cybersicherheit noch im Bereich Digitalwirtschaft. Der von Russland seit Jahren geforderte BRICS-Cybersicherheitsvertrags ist nicht einmal im Entwurf vorhanden. Die groß angekündigten Projekte für eine „BRICS-Partnerschaft zur neuen industriellen Revolution (PartNIR)“ sind über vollmundige Absichtserklärungen nicht hinausgekommen. Am 1. Januar 2022 übernimmt China die BRICS-Präsidentschaft.
- Im Bereich von Cybersicherheit bekräftigen die BRICS-Staaten ihr Bekenntnis zu einer „open, secure, stable, accessible and peaceful ICT environment“. [1] Notwendig sei ein „comprehensive and balanced approach to ICT development and security, including technical advancement, business development, of safeguarding the security of states and public interests and of respecting right to privacy of individuals“. Diese nichtssagenden Formulierungen gibt es seit Jahren in den BRICS-Dokumenten, wobei der Verweis auf das „right to privacy of individuals“ neu ist. Offensichtlich steht dies im Zusammenhang mit dem neuen chinesischen Datenschutzgesetz, das im September 2021 verabschiedet wurde und das sich in Teilen an der europäischen Datenschutzrichtlinie GDPR orientiert. Keine Erwähnung findet hingegen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Auch nicht erwähnt werden Initiativen Chinas und Russlands zum Schutz von „nationalen Internetsegmenten“ oder zur Entwicklung neuer Internet-Protokolle (New IP). Allgemein wird darauf verwiesen, dass es gut wäre, wenn man „legal frameworks on cooperation among BRICS States on this matter“ vereinbaren und die „BRICS Roadmap on Practical Cooperation on Ensuring Security in the Use of ICTS“ umsetzen könnte. Die BRICS-Roadmap wurde unter der chinesischen BRICS-Präsidentschaft 2017 verabschiedet. Ihre Umsetzung liegt in den Händen der „BRICS Working Group on Security in the Use of ICTs“. Diese Arbeitsgruppe ist nicht nur wenig transparent, sie hat auch nach fünf Jahren kaum konkrete Ergebnisse vorzuzeigen. [2] Das seit Jahren immer wieder verkündete Projekt eines eigenständigen „BRICS intergovernmental agreement on cooperation on ensuring security in the use of ICT“ gibt es nicht einmal in einer Entwurfsfassung. Auch der Aufforderung zum Abschluss bilateraler Cybersicherheitsverträge zwischen den BRICS-Staaten hat niemand Folge geleistet. Offensichtlich ist die Erkenntnis gewachsen, dass ein BRICS-Sonderweg sich hinderlich für individuelle Aktivitäten einzelner BRICS-Staaten in der UNO auswirken könnte. In der „BRICS Summit New Delhi Declaration“ wird daher die führende Rolle der UNO „in promoting dialogue, to forge common understanding in the security of and in the use of ICTs and development of universally agreed norms, rules and principles for responsible behaviour of states in the realm of ICTs“ unterstrichen. Das betrifft sowohl das im 1. Ausschuss der UN-Vollversammlung (UNGA) behandelte Thema der Cybersicherheit als auch das im 3. Ausschuss behandelte Thema der Cyberkriminalität.
- Hinsichtlich der Verhandlungen im 1. UNGA-Ausschuss unterstützen die BRICS-Staaten die Konsensberichte der OEWG und der GGE vom Frühjahr 2021 und begrüßen die Verlängerung des Mandats der OEWG bis zum Jahr 2025. Die BRICS-Staaten wollen zu diesem Prozess beitragen durch eine erweiterte „intra-BRICS Cooperation“ im Bereich der Cybersicherheit, wobei unklar bleibt, inwiefern die BRICS-Staaten planen, „norms, rules and principles“ auszuarbeiten, die über die universellen Normen, die in der UNO vereinbart werden, hinausgehen.
- Begrüßt wird die Aufnahme von Verhandlungen für eine UN-Konvention im Kampf gegen Cyberkriminalität. Ein wichtiger Bestandteil dieser Konvention sollte der Schutz von Kindern im Internet sein. Das beträfe sowohl deren sexuelle Ausbeutung als auch ihren Schutz vor Inhalten, die „harmful for health and development“ sind. [3]
- Auch im Bereich der mehr wirtschaftlich orientierten digitalen Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Staaten halten sich vorzeigbare Erfolge in Grenzen. Die mit großen Erwartungen gestartete BRICS-Partnerschaft zur neuen industriellen Revolution (PartNIR) ist bei der Verkündung allgemeiner Ziele steckengeblieben. Das geplante Netzwerk von fünf Forschungsinstituten und die Vernetzung von Inkubator-Zentren mit Startups aus allen fünf Ländern kommt nicht voran. Auch die thematischen Arbeitsgruppen, die unter der BRICS Science, Technology and Innovation (STI) Initiative arbeiten, haben keine vorzeigbaren Ergebnisse erzielt. Beim 2021er Gipfeltreffen haben die Staats- und Regierungschefs darauf gedrängt, den „BRICS Action Plan on Innovation Cooperation for 2021 – 2024“ sobald als möglich fertigzustellen. [4]