Q3/2021 - Italienische G20-Präsidentschaft
G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankpräsidenten, 10. Juli 2021, Venedig
Nach jahrelangen Verhandlungen über die Einführung einer globalen Digitalsteuer konnten sich die G20-Finanzminister bei ihrer 3. Tagung unter der italienischen G20-Präsidentschaft nahezu abschließend darauf einigen, dem von der OECD ausgearbeiteten „Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“ zuzustimmen.
Das Rahmenabkommen besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil führt eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für alle international tätigen Unternehmen ein. Der zweite Teil regelt die Besteuerung von vorwiegend Internet-Unternehmen, die in dritten Ländern tätig sind. Bislang bestand die Steuerpflicht für diese Unternehmen in dem Land, in dem sie ihr Hauptquartier hatten. Dies hatte dazu geführt, dass es einen Unterbietungswettbewerb gab. Angebote mit Niedrigsteuern an Internet-Unternehmen sollten diese zu Ansiedelungen ermuntern. Nach dem neuen Abkommen müssen diese Unternehmen jetzt auch dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze generieren. Die letzten technischen Details des Abkommens sollen bis zur 4. Sitzung der G20-Finanzminister (Oktober 2021 in Washington) geklärt werden[1].
Von Finanzexperten wurde die Einigung als ein Jahrhundertereignis bewertet. Es gibt jedoch unterschiedliche Erwartungen, inwieweit sich die Hoffnungen auf ein gerechteres globales Steuersystem erfüllen. Es bleibt auch abzuwarten, in welcher Größenordnung die Profite der globalen Internet-Unternehmen den einzelnen Ländern zufließen werden. Nach der bisherigen Planung soll das „Inclusive Framework“ am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Eine erste Analyse über die praktischen finanzpolitischen Effekte wird es daher frühestens im Jahr 2025 geben.
Beim Treffen der G20-Digitalminister am 6. August 2021 in Triest standen die Themenkomplexe „Digital Econmy“ und „Digital Government“ im Mittelpunkt. Die Triest Declaration[2] enthält insgesamt 13 Vereinbarungen, wie die Zusammenarbeit der G20-Staaten in beiden Bereichen erweitert werden kann. Weiterhin nahmen die G20-Digitalminister ein Dokument an, das kleinst-, klein- und mittelständische Unternehmen (MSMEs) stärker in die globale Digitalwirtschaft einbinden soll. Ein weiteres Dokument enthält Grundsätze zum stärkeren Schutz von Kindern im Cyberspace (G20 High Level Principles for Children Protection and Empowerment in the Digital Environment). Die unter der chinesischen G20-Präsidentschaft 2016 gegründete mehr informelle „G20 Digital Economy Task Force“ – das eigentliche Arbeitsorgan der G20-Digitalminister – soll aufgewertet werden in eine mehr formelle Arbeitsgruppe (G20 Digital Economy Working Group).
Im Kapitel „Digital Economy“ wurden die folgenden Themen angesprochen:
- Digital Transformation in Production for Sustainable Growth
- Leveraging Trustworthy Artificial Intelligence for MSMEs' Inclusiveness and Start-ups'
- Measurement, Practice and Impact of the Digital Economy
- Consumers' Awareness and Protection in the Global Digital Economy
- Children Protection and Empowerment in the Digital Environment
- Encourage Innovation for Smart Cities and Communities
- Connectivity and Social Inclusion
- Data Free Flow with Trust and Cross-border Data Flows[3].
Im Kapitel „Digital Government“ werden die Regierungen aufgefordert, nicht nur als Förderer oder Regulator der Digitalisierung aufzutreten, sondern mit eigenem Beispiel voranzugehen und eine exzellente digitale Verwaltung aufzubauen. „A fully 'Digital Government' is not only digitalised, but it should provide citizens and businesses with digital services that are proactive, human-centric and user-driven, safe and secure, easy-to-use, and accessible to all, including people with disabilities and older people, communities living in remote and rural areas as well as vulnerable groups.“. Dabei dürften aber nicht diejenigen benachteiligt werden, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht der digitalen Tools bedienen können. Gewährleistet sein müsste auch der Schutz personenbezogener Daten. Im Einzelnen wurden Empfehlungen gegeben für drei Bereiche
- Digital Tools for Public Services
- Digital Identity
- Agile Regulation[4].
Die G20-Digitalminister haben sich ausführlich mit der Rolle von kleinst-, klein- und mittelständischen Unternehmen (MSMEs) in der globalen Digitalwirtschaft beschäftigt. Während die großen transnationalen Internetunternehmen die Schlagzeilen beherrschen, hänge die Zukunft einer prosperierenden Digitalwirtschaft vom Engagement der kleinst-, klein- und mittelständischen Unternehmen ab. Das beträfe vor allem die Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz. „The development and deployment of AI in businesses requires awareness about the possibilities and opportunities offered by AI, as well as the challenges it poses, in particular for developing countries. Entrepreneurs and managers should be made aware and have a good understanding of what AI systems can or cannot do, as well as of which type of function AI can be most beneficial to complement human capabilities, including the challenges it poses. MSMEs should also be informed about the overall approach to AI that G20 members support, as referred to in the G20 AI Principles.“ Die G20-Digitalminister identifizierten dabei drei Bereiche, in denen die Einbindung von MSMEs in die globale Digitalwirtschaft verbessert werden müsste.
- Access to data
- Access to finance
- Access to AI technology and networks[5].
Das Mandat der neuen „G20 Digital Economy Working Group” (G20 DEWG ) ist relativ breit gefasst: „a. Honouring commitments and mandates from previous Leaders' Summits, DETF and Ministerial Meetings, and Sherpa Meetings; b. Recognising the cross-cutting nature of digitalisation and acknowledging that other G20 bodies already discuss various aspects of digitalisation within their respective mandates, the DEWG will focus on digital economy topics, including the public sector; c. Cooperating and working with engagement groups, international organisations and other G20 work streams, while avoiding duplication of work in other G20 bodies, to advance the digital economy agenda considering the priorities of G20 Presidencies“. Die G20 DEWG soll von einer Troika geführt werden, der der jeweilige Vorsitzende, sein Vorgänger und Nachfolger angehören. Die DEWG soll auch eng mit dem privaten Sektor und zusammenarbeiten, insbesondere mit der B20 Task Force on Digitalization. Unterstützt wird das Multistakeholder-Prinzip, wobei die gewählte Formulierung in der G20-Erklärung einen hohen Grad an Unverbindlichkeit hat: "The DEWG work will be enriched by a multistakeholder approach, through discussions and consultations with G20 engagement groups and relevant stakeholders."[6]