Q1/2019 - Weltwirtschaftsforum (WEF)
Davos, 22. - 25. Januar 2019
Bei dem 2019er Weltwirtschaftsforum in Davos ist die Zahl der Sessions, die sich mit Cybersicherheit und der digitalen Wirtschaft beschäftigten, weiter angewachsen. Auch in den Reden der Staats- und Regierungschefs spielten ungeachtet der weltweiten Krisen – von Syrien bis zum Klimawandel – diese beiden Themen eine große Rolle. Im jährlichen Risikobericht des WEF stand die Gefahr vor Cyberattacken nach dem Klimawandel and zweiter Stelle.
Als Eröffnungsredner stand 2019 der japanische Ministerpräsident Shinzō Abe am Rednerpult. Japan hat 2019 die G20-Präsdentschaft übernommen. Er rückte die Zukunft der digitalen Wirtschaft in das Zentrum seiner Rede und schlug vor, das G20-Gipfeltreffen im Juni 2019 in Osaka zu nutzen, um unter dem Dach der Welthandelsorganisation einen neuen globalen Rahmen für die Entwicklung des digitalen Handels und der Internetwirtschaft – er nannte das „Data Governance“ – zu schaffen. Abe schlug für den „Osaka Fast Track“ das Kürzel DFFT (Data Free Flow with Trust) vor[1].
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel griff Abes Vorschlag auf und verband ihn mit den Narrativ, dass der französische Präsident Emmanuel Macron beim IGF in Paris im November 2018 mit seiner Sichtweise auf die Chancen und Risiken des Internets für den 2020er Jahre präsentiert hatte. Merkel äußerte sich zum Datenfluss, zum Datenschutz und zu Daten-Governance.
„In der Big-Data-Welt haben wir einen riesigen Entwicklungsschub im Bereich der künstlichen Intelligenz. Hierbei wird es auch darum gehen, ethische Leitplanken ein zu ziehen. Hierfür gibt es bis heute alles andere als weltweite Übereinkünfte. Auf diese drängenden Fragen muss es Antworten geben. Da sehe ich vor mir eben noch keine globale Architektur, um mit diesen Fragen umzugehen. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass jede große Wirtschaftsmacht sie anders beantwortet. Schauen wir uns einmal die beiden großen Pole der Bearbeitung von Daten an.
- Auf der einen Seite haben wir die USA. Dort sind Daten sehr stark in privater Hand, weshalb wir uns sozusagen mühen müssten, Leitplanken einzuziehen, die festlegen, wo die Grenzen liegen. Meine Einstellung ist, dass wir Regeln, die wir in der analogen Welt hatten, für die digitale Welt nicht einfach ausschließen können, sondern dass wir auch hier klare Leitplanken brauchen.
- Auf der anderen Seite haben wir China. Dort gibt es einen sehr großen Zugriff des Staates auf alle Daten – auch auf persönliche Daten.
- Insofern sind das zwei Ansatzpunkte, die noch nicht der Vorstellung entsprechen, der ich anhänge und die auch Deutschland mit seiner Sozialen Marktwirtschaft geprägt hat, in der wir durchaus Persönlichkeitsrechte schützen müssen“.
„Die Europäische Union hat – bei allen Unvollkommenheiten – mit der Verabschiedung einer Datenschutz-Grundverordnung Leitplanken eingezogen, um den Umgang mit individuellen Daten besser zu regeln. Das ist mühselig; aber als die industrielle Revolution stattfand und die Menschen vom Land in die Stadt zogen, war es wahrscheinlich auch mühselig, permanent verschiedene Schlüsselbunde mit sich zu führen, um durch eigene Haustüren zu kommen. Das sind zivilisatorische Prozesse, die wir durchlaufen müssen. Ich glaube also, wir sollten durchaus den Anspruch haben, unsere Persönlichkeitsrechte in einem bestimmten Umfang zu schützen“.
„Ich freue mich sehr, dass mein japanischer Kollege Shinzō Abe heute hier gesagt hat, er möchte die G20-Präsidentschaft Japans zu einer Präsidentschaft machen, in der wir uns mit Daten beschäftigen und die in der Daten-Governance einen Ausgangspunkt findet. Ich glaube, die G20 ist ein sehr gutes Format, um dieses Thema übergreifend und unter den größten Industrieländern auf die Tagesordnung zu bringen.“ Merkel sprach weiterhin die Themen Cybersicherheit, Steuergerechtigkeit in der digitalen Welt und Stärkung der europäischen Digitalwirtschaft an[2].
UN-Generalsekretär António Guterres nutzte seine Rede, um auf die Konsequenzen der 4. Industriellen Revolution und der künstlichen Intelligenz, auf die Notwendigkeit von politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen für die digitale Kooperation und auf die Gefährdung des Weltfriedens durch ein Wettrüsten im Cyberspace aufmerksam zu machen. All diese Probleme könne man nur lösen, wenn man alle Stakeholder einbeziehe. Die UN sei dafür eine gute Plattform
Zur künstlichen Intelligenz sagte Guterres: „There will be a massive destruction of jobs and a massive creation of jobs. The problem is that they are not the same jobs and not requiring the same skills.“
Zu dem von ihm eingesetzten „High-Level Panel on Digital Cooperation“ sagte Guterres: „When I look at the web, it's clear that the web is a fantastic instrument for all of us. It's clear that we have the dark web and the deep web and all the problems of cybersecurity, etc. And the question of regulation is a very complex question in relation to this. My feeling is that there is no way to use the traditional mechanisms of intergovernmental regulations through conventions that are approved. I think that this is the kind of situation in which we need soft mechanisms. We need to bring together all stakeholders - governments, the business community, the scientific community, the civil society - and create mechanisms that allow for a permanent following of what's happening; for the consensus in creating some norms, some protocols, but not with rigid forms of bureaucracy of regulation; and creating with this the potential more and more for the web to be an instrument for good, and at the same time taking into account that the web is also a question that some governments are using from the point of view of violation of human rights, etc. So it is clear to me this cannot be only an intergovernmental process“.
Mit Sorge betrachte er schließlich die wachsende Militarisierung des Cyberspace, „the weaponization of artificial intelligence. We have a general agreement that the international law applies to cyberspace. But there is no agreement on how international humanitarian law applies to the cyber dimension of conflicts. There is no agreement with what self-defence means in the case of cyber attacks. And on the other hand, we are witnessing the emergence of systems of weapons that will be autonomous, and in which it will possible for those weapons to decide on targets and to decide on taking the life of people, without any human intervention, in situations in which there is a risk of escalation and there is no accountability. Now how to handle these situations, this discussion is a discussion in which they are in the beginning; in which there are big differences of opinion; but these are the areas where we still need international law, and in a way the role of the United Nations. We need to find a minimum of consensus in the world on how to integrate these new technologies in the laws of war that were defined decades ago in a completely different context.“[3]